Leseproben für kleine Schmökerratten
- Kinderbücher von Indie-Autoren

Dienstag, 6. Oktober 2020

„Herr Lothar geht baden – eine Geschichte für Kinder und Weltversteher“ von Ulrike Blatter

Klappentext:

Herr Lothar sagt: "Du kannst einfach alles schaffen, wenn du ein himmelblaues Fahrrad hast." Aber dann passiert etwas Dummes.

An einem heißen Sommertag genießt Herr Lothar ein kühles Bad im Fluss. Als er an Land kommt, steht dort nur noch sein himmelblaues Fahrrad. Alle Kleider sind verschwunden und auch die Tüten, in denen sein ganzer Besitz war. Was nun? Herr Lothar hat nämlich kein Zuhause, wo er sich neue Kleider holen könnte. Geld hat er auch keins. Aber er findet Freunde - wie zum Beispiel Fliege, der keine Lust auf Schule hat. Oder traut er sich nur nicht mehr hin?

Auch Kinder haben Fragen zu schwierigen Themen wie Obdachlosigkeit und Schulverweigerung. Diese Fragen verdienen glaubwürdige Antworten und Bücher, die das Gespräch eröffnen:

"Eine ganz besondere Geschichte, in der das Vertrauen und der Glaube an das Gute zwischen den Zeilen hindurchschimmert wie wärmende Sonnenstrahlen mitten im Winter."

(Antje Tresp-Welte; Lehrerin im Jugendwerk Gailingen)

Gefördert mit einem Arbeitsstipendium des Förderkreises Deutscher Schriftsteller in Baden-Württemberg

Erhältlich bei:

Autorenwelt-Shop: https://shop.autorenwelt.de/search?q=ulrike+blatter*

Amazon: https://www.amazon.de/Herr-Lothar-geht-baden-Weltversteher/dp/3751956581/ref=sr_1_1?__mk_de_DE=%C3%85M%C3%85%C5%BD%C3%95%C3%91&dchild=1&keywords=herr+lothar&qid=1601458784&sr=8-1

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Direkt bei der Autorin, gern mit Wunschwidmung: https://www.ulrike-blatter.de/kontakt/

 

Ein himmelblaues Fahrrad

Herr Lothar fährt jeden Tag mit seinem himmelblauen Fahrrad durch die Stadt. Am Fahrradlenker hängen zwei mittelgroße Plastiktüten. Darin ist alles, was Herr Lothar zum Leben braucht:

Etwas zum Trinken und etwas zum Essen, eine Jacke für Regenwetter und ein Schal für kalte Tage. Eine karierte Decke zum Schlafen und ein Buch zum Lesen. Eine Schnur, denn eine Schnur kann man immer gebrauchen. Flickzeug für das Fahrrad, ein Löffel und eine    Gabel, ein Teller und eine Tasse und ein Taschenmesser mit Schere und Schraubenzieher.

Herr Lothar hat auch schon probiert, seinen ganzen Besitz in zwei kleine Plastiktüten zu packen – aber da passte nicht alles rein, was er braucht. Einmal, so ungefähr vor einem Jahr, hatte er sehr viel zum Essen geschenkt bekommen, und ein paar fast neue Kleidungsstücke noch dazu. Damals brauchte er zwei große Plastiktüten, um alles zu verstauen. Aber mit so viel Gewicht am Lenker war das himmelblaue Fahrrad furchtbar wackelig. Also verschenkte Herr Lothar alle überflüssigen Dinge und fuhr wieder los.

Mit zwei mittelgroßen Plastiktüten am Lenker – nicht zu groß und nicht zu klein. Gerade richtig.

Eigentlich ist Herr Lothar zufrieden.

Aber …

Der Sommer ist in diesem Jahr ziemlich heiß. Schon morgens knallt die Sonne auf den Asphalt und macht das Fahrradfahren zu einer mühsamen Sache.

Herr Lothar krempelt sich die Hosenbeine hoch. Er bindet sich sein Taschentuch mit vier Zipfelknoten als Sonnenschutz um den Kopf. Schließlich zieht Herr Lothar sogar sein Hemd aus. Aber da bekommt er einen Sonnenbrand. Also zieht er das Hemd wieder an.

Er setzt sich unter einen Baum in den Schatten. Unter dem Baum liegt ein großer schwarzer Hund. Der Hund hechelt laut in der Hitze und seine rosafarbene Zunge hängt ihm weit aus dem Maul.

„Heiß heute“, sagt Herr Lothar zu dem Hund. „Viel zu heiß zum Fahrradfahren.“

„Ich habe eine Idee“, antwortet der Hund. „Komm doch mal mit.“

Herr Lothar steht auf. Er schiebt sein Fahrrad. Na klar, bei dieser Hitze kann er nicht fahren und seinen Freund, den Hund, nebenherlaufen lassen. Das wäre ziemlich rücksichtslos. Der schwarze Hund weiß genau, wo er hinwill und schon kurze Zeit später stehen sie am Flussufer.

„Hier kann man sich gut abkühlen“, sagt der Hund zu Herrn Lothar. „Flaches Ufer, keine Steine, die in die Fußsohlen piksen. Das Wasser ist auch nicht besonders tief. Auch für Nichtschwimmer prima           geeignet.“

Dann stürzt sich der große schwarze Hund ins Wasser, aber Herr Lothar zögert. Er kann nicht besonders gut schwimmen, nur etwas Brustschwimmen und manchmal lässt er sich auf dem Rücken treiben. Aber, wie gesagt, das Wasser ist nicht tief. Und der Hund kann auch nur Hundekraul. Wegen seiner Schwimmkünste macht sich Herr Lothar also keine Sorgen.

Es ist etwas Anderes. Es ist nämlich so …

Ehrlich gesagt, Herr Lothar schämt sich, es zuzugeben: Es ist seine Badehose … Herr Lothar mag seine Badehose nicht. Es ist eine ausgesprochen dämliche Badehose. Noch nicht mal anschauen mag er sie und er hat sie ganz nach unten in eine der Plastiktüten verbannt. Vielleicht wäre es sogar besser, nackt zu schwimmen als mit dieser Badehose? Aber nein, das geht nicht. Herr Lothar kann unmöglich nackt schwimmen. Selbst der große schwarze Hund schwimmt nicht nackt. Der hat immerhin sein Fell an.

Herr Lothar setzt sich auf einen Stein ans Ufer.

Gerade eben spürt er, wie er anfängt, unglücklich zu werden. Nicht so richtig unglücklich; aber es ist so der Anfang von einem unglücklichen Gefühl.

Herr Lothar möchte so gern glücklich sein, aber …

Ein Hund, der schwimmen kann

„Komm doch rein. Es ist herrlich!“, japst der Hund.

„Moment mal“, sagt Herr Lothar und kramt in seinen beiden mittelgroßen Plastiktüten herum. Manchmal findet er dort sogar Dinge, von denen er vergessen hat, dass er sie besitzt.

„Ich müsste mal wieder aufräumen“, seufzt er und zieht eine           Packung mit völlig zerkrümelten Keksen heraus. Aber eigentlich sind die Kekse immer noch gut genug, um damit seine Freunde, die Vögel im Park, zu füttern. Also wirft Herr Lothar die Kekskrümel nicht weg. Er sucht weiter und findet schließlich nicht nur seine dämliche Badehose, sondern sogar noch etwas Anderes, was er gut gebrauchen kann.

„Ich komme gleich“, ruft er dem großen schwarzen Hund zu und verschwindet hinter einem Busch. Dort raschelt es eine Weile; die Zweige bewegen sich. Dann fliegt ein Hemd im hohen Bogen in den Sand. Dann fliegt eine Hose im hohen Bogen in den Sand.

Als Herr Lothar schließlich rauskommt, trägt er eine pinkfarbene Badehose, die mit giftgrünen Blumen verziert ist und auf die Nase hat er sich eine riesige schwarze Sonnenbrille gesetzt. Da muss der Hund auf einmal lachen. Er will aber nicht unhöflich sein, also taucht er unter, damit Herr Lothar sein Lachen nicht hört. Dabei bekommt er Wasser in die Nase, muss fürchterlich niesen und taucht wieder auf.

„Du lachst mich doch nicht etwa aus?“, fragt Herr Lothar.

„Nein, nein“, prustet der Hund. „Ich habe nur Wasser in die Nase bekommen. Kommst du jetzt endlich rein?“

„Einen Moment noch“, sagt Herr Lothar. Denn zuerst muss er seine Kleider ordentlich falten und das Fahrrad anbinden, damit es nicht umfällt. Man weiß ja nie. Vielleicht gibt es ein kleineres Erdbeben, während Herr Lothar im Wasser ist, und das Fahrrad fällt um und ist kaputt.

Sicherheitshalber bindet Herr Lothar das Fahrrad mit seiner Schnur an einem Baum fest. Schiffer-Spezial-Knoten. Fast unmöglich, wieder zu lösen, ohne sich die Finger dabei zu brechen. Herr Lothar weiß    natürlich, wie er den Knoten mit einem Griff wieder aufbekommt; bei Spezial-Knoten ist er Experte.

Dann rennt er, ohne sich abzukühlen, ins Wasser.

„Ich komme“, ruft er und spritzt Wasser auf den großen schwarzen Hund. Der Hund versteht Spaß und spritzt zurück. Jetzt kann Herr Lothar durch seine Sonnenbrille fast nichts mehr erkennen.

Dann schwimmen sie um die Wette und der große schwarze Hund gewinnt. Aber nur ganz knapp.

Dann tauchen sie und beobachten die kleinen Fische, die zwischen den Steinen herumwuseln.

Herr Lothar kann die Luft besser anhalten als der große schwarze Hund, und seine Sonnenbrille funktioniert unter Wasser fast wie eine Taucherbrille.

Leider kann sich Herr Lothar nicht mit den kleinen Fischen unterhalten. Immer, wenn er es versucht, kriegt er Wasser in den Mund und dann kommen nur Luftblasen heraus. Die kleinen Fische finden das lustig und lachen ein bisschen. Es ist nicht so, dass sie Herrn Lothar auslachen, sie lachen nur in aller Freundschaft, weil sie es  witzig finden, wie Herr Lothar immer wieder dicke runde Luftblasen nach oben blubbern lässt. 


Dann erzählen die kleinen Fische Herrn Lothar von ihrem Leben im Wasser, zwischen den Steinen und dass sie aufpassen müssen, wegen der großen Fische. Große Fische fressen nämlich kleine Fische.

Herr Lothar nickt. Dieses Problem kennt er sehr gut. Große Autos, zum Beispiel Lastwagen, sind für Herrn Lothar mit seinem himmelblauen Fahrrad schon oft gefährlich geworden. Herr Lothar fühlt sich manchmal auch wie ein kleiner Fisch, wenn er zwischen großen Autos und LKWs unterwegs ist. Das versucht er den Fischen zu erklären, aber dann hat er den Mund wieder voll mit Wasser und die kleinen Fische kichern leise. Unter Wasser klingt das wie das Läuten von kleinen Silberglöckchen.

Herr Lothar taucht auf, legt sich auf den Rücken und lässt sich ein kleines Stück flussabwärts treiben. Weit, weit hinten schwimmt sein Freund, der große schwarze Hund.

„Tschü-hüss“, ruft der Hund. „Ich muss weiter. Wir sehen uns morgen.“

„Ja, tschüss“, ruft Herr Lothar. „Bis morgen.“

Herr Lothar ist glücklich. Aber …


Digital bei BoD reinblättern: https://www.bod.de/booksample?json=http%3A%2F%2Fwww.bod.de%2Fgetjson.php%3Fobjk_id%3D3150954%26hash%3Dd2e824bff73a03ea914d14ff87beea41

Angaben zur Autorin:

Ulrike Blatter arbeitete als Ärztin und Psychotherapeutin mit Kindern und Jugendlichen in Deutschland und Bosnien. Seit vielen Jahren setzt sie sich aktiv für Leseförderung bei Kindern ein. Herr Lothar ist eine Erfindung ihrer Tochter, die viele Fragen hatte, als die Familie ein Pflegekind begleitete.

Neben Kinderbüchern schreibt Ulrike Blatter auch Kurzgeschichten und Romane für Erwachsene.

http://www.ulrike-blatter.de


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