aus der Reihe "Vorlesegeschichten
mit Amelie und Amos", Band 6
Klappentext:
Amelie langweilt sich
ab und zu ein bisschen – doch das dauert nie sehr lange, denn irgendwann fällt
ihr etwas Tolles ein, was sie spielen kann: zum Beispiel Café mit ihrer Freundin
Sophie oder das knifflige Ja-Nein-Spiel mit Papa. Sie bringt ihrer Puppe Isa das
Fliegen bei, löscht mit ihrem Cousin Amos Brände im Puppenhaus und tauscht
heimlich die Kleidung mit ihm, weil … Aber das wird hier noch nicht verraten.
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Leseprobe:
Das
Ja-Nein-Spiel
Mama ist heute Abend mit Tante Susanne im Kino. Deshalb
bringt Papa Amelie ins Bett.
Amelie freut sich. Sie ist gern mit Papa allein
zu Hause, denn meistens schafft sie es, ihn zu irgendwas zu überreden.
„Spielst du ein Spiel mit mir?“, bittet sie ihn, als sie im Bett liegt.
Papa überlegt. „Kennst du das Ja-Nein-Spiel?“, fragt er.
Das kennt
Amelie nicht. Papa erklärt ihr, wie es geht: „Ich stelle dir Fragen und du musst
antworten, aber du darfst nicht die Wörter ja oder nein benutzen.“
Das
klingt gar nicht schwierig, findet Amelie.
Papa fängt an. „Heißt du Amelie?“
Amelie stockt. „Ich kann doch gar nicht anders antworten als mit ja“, sagt
sie.
Papa lacht. „Und damit hast du verloren. Weil du gerade das Wort ja
verwendet hast.“
„Das gilt nicht“, protestiert Amelie. „Das sollte keine
richtige Antwort sein.“
„Klar gilt das“, widerspricht Papa. „Alles, was du
sagst, wenn ich eine Frage gestellt habe, gilt.“
„Das konnte ich ja nicht
wissen“, gibt Amelie aufgebracht zurück.
„Du hast schon wieder ja gesagt.“
„Na gut“, gibt Amelie nach. „Noch mal. Jetzt passe ich auf.“
Papa fragt:
„Du heißt also Amelie?“
Amelie nickt.
„Das gilt auch nicht. Du musst
etwas sagen.“
„Ich kann nicht antworten.“
Papa grinst. „Lass dir was
einfallen.“
Amelie wiederholt: „Es geht nicht.“
„Warum nicht?“, hakt
Papa nach.
„Weil ...“, Amelie spricht ganz langsam und passt auf, dass sie
nicht aus Versehen ja oder nein benutzt, „weil ich das Wort nicht sagen darf.“
„Du meinst das Wort nein?“
„Nein“, ruft Amelie, „ich meine das Wort ja.“
Schon bevor Papa loslacht, merkt sie, dass er sie wieder aufs Glatteis
geführt hat. Sie ärgert sich ein bisschen darüber, aber das zeigt sie nicht.
Bernie, der Hund, kommt herein, um nachzusehen, was im Kinderzimmer los ist.
Er legt sich an seinen Lieblingsplatz unter Amelies Bett.
„Jetzt bin ich
dran!“, ruft Amelie. „Ich stelle dir Fragen.“
„Okay“, stimmt Papa zu.
Amelie beginnt: „Heißt du Volker?“
Papa fällt natürlich nicht darauf
herein. Er antwortet: „Ich heiße Volker.“
„Hast du ein Kind?“
„Ich habe
zwei Kinder.“
„Heiße ich Erna?“
„Du heißt nicht Erna. Du heißt Amelie.“
Amelie hat schnell raus, wie Papa das macht, dass er nie ja oder nein sagen
muss. Er benutzt einfach die Wörter von der Frage in seiner Antwort.
Das
möchte sie auch versuchen. „Fragst du mich noch mal?“, bittet sie.
Papa ist
einverstanden.
„Und bleibst du bei mir, bis ich einen Fehler gemacht habe?“
„Kommt darauf an, wie lange es dauert“, sagt Papa und stellt die erste
Frage: „Spielst du gern mit deinen Puppen?“
„Ich spiele gern mit meinen
Puppen“, antwortet Amelie.
„Ärgerst du dich, wenn du beim Spielen
verlierst?“
„Ich ärgere mich nicht, wenn ich beim Spielen verliere“,
behauptet Amelie.
„Das glaube ich dir nicht“, widerspricht Papa. „Du hast
dich neulich, als wir Schwarzer Peter gespielt haben, immer fürchterlich
geärgert, wenn du den Schwarzen Peter hattest. Das stimmt doch, oder?“
Dass
Papa das sagt, regt Amelie wahnsinnig auf! Es ist ungerecht! Sie hat sich kein
bisschen bei dem Kartenspiel geärgert. Nur bei Mensch-ärgere-dich-nicht.
Aber Papa denkt das nicht wirklich, das sieht sie jetzt an seinem Gesicht.
Es ist nur ein Trick, und beinahe wäre sie darauf hereingefallen. Im letzten
Moment kann sie ihr wütendes Nein runterschlucken. Stattdessen sagt sie: „Bei
Mensch-ärgere-dich nicht ärgere ich mich manchmal. Bei Schwarzer Peter nie.“
„Gut geantwortet“, lobt Papa sie. „Wenn du so weitermachst, sitze ich um
Mitternacht noch hier und warte darauf, dass du ja oder nein sagst.“
Amelie
will gerade antworten, dass sie das toll finden würde, als ihr der Atem stockt.
Papa hält auch die Luft an.
Amelie beugt sich zu Bernie hinunter.
„Puh!“, schreit sie und hält sich die Nase zu.
„Das ist kaum auszuhalten!“,
keucht Papa. „Warst du das?“
„Nein!“, schreit Amelie empört. „Das war
Bernie. Bernie hat gepupst.“
Papa grinst ganz breit. Im ersten Moment weiß
Amelie nicht, warum. „Och Mann“, schmollt sie, als es ihr klar wird. „Das war
gemein ...“ Aber dann muss sie doch lachen.
Papa lacht auch ganz laut. „Du
hast nein gesagt!“, ruft er. „Endlich habe ich es geschafft.“
Amelie findet
es nicht schlimm, dass das Spiel jetzt zu Ende ist. Sie ist inzwischen ziemlich
müde geworden.
Papa lüftet kurz, bevor er Amelie einen Gute-Nacht-Kuss gibt
und hinausgeht . Bernie nimmt er mit. Vorsichtshalber ...
Eva Markert lebt in Ratingen bei Düsseldorf. Von Beruf ist sie
Studienrätin mit den Fächern Englisch und Französisch. Außerdem besitzt
sie ein Zertifikat für Deutsch als Fremdsprache und ist staatlich
geprüfte Übersetzerin. In ihrer Freizeit arbeitete sie viele Jahre als
Lektorin und Korrektorin in einem kleinen Verlag mit.
Zahlreiche Kurzgeschichten und Kindergeschichten von Eva Markert wurden
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