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Dienstag, 19. Mai 2015

"Amelie spielt, Geschichten für die Kleinsten" von Eva Markert

 aus der Reihe "Vorlesegeschichten mit Amelie und Amos", Band 6

Klappentext:

Amelie langweilt sich ab und zu ein bisschen – doch das dauert nie sehr lange, denn irgendwann fällt ihr etwas Tolles ein, was sie spielen kann: zum Beispiel Café mit ihrer Freundin Sophie oder das knifflige Ja-Nein-Spiel mit Papa. Sie bringt ihrer Puppe Isa das Fliegen bei, löscht mit ihrem Cousin Amos Brände im Puppenhaus und tauscht heimlich die Kleidung mit ihm, weil … Aber das wird hier noch nicht verraten.

15 Geschichten für die Kleinsten
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Leseprobe:

Das Ja-Nein-Spiel

Mama ist heute Abend mit Tante Susanne im Kino. Deshalb bringt Papa Amelie ins Bett.
Amelie freut sich. Sie ist gern mit Papa allein zu Hause, denn meistens schafft sie es, ihn zu irgendwas zu überreden.
„Spielst du ein Spiel mit mir?“, bittet sie ihn, als sie im Bett liegt.
Papa überlegt. „Kennst du das Ja-Nein-Spiel?“, fragt er.
Das kennt Amelie nicht. Papa erklärt ihr, wie es geht: „Ich stelle dir Fragen und du musst antworten, aber du darfst nicht die Wörter ja oder nein benutzen.“
Das klingt gar nicht schwierig, findet Amelie.
Papa fängt an. „Heißt du Amelie?“
Amelie stockt. „Ich kann doch gar nicht anders antworten als mit ja“, sagt sie.
Papa lacht. „Und damit hast du verloren. Weil du gerade das Wort ja verwendet hast.“
„Das gilt nicht“, protestiert Amelie. „Das sollte keine richtige Antwort sein.“
„Klar gilt das“, widerspricht Papa. „Alles, was du sagst, wenn ich eine Frage gestellt habe, gilt.“
„Das konnte ich ja nicht wissen“, gibt Amelie aufgebracht zurück.
„Du hast schon wieder ja gesagt.“
„Na gut“, gibt Amelie nach. „Noch mal. Jetzt passe ich auf.“
Papa fragt: „Du heißt also Amelie?“
Amelie nickt.
„Das gilt auch nicht. Du musst etwas sagen.“
„Ich kann nicht antworten.“
Papa grinst. „Lass dir was einfallen.“
Amelie wiederholt: „Es geht nicht.“
„Warum nicht?“, hakt Papa nach.
„Weil ...“, Amelie spricht ganz langsam und passt auf, dass sie nicht aus Versehen ja oder nein benutzt, „weil ich das Wort nicht sagen darf.“
„Du meinst das Wort nein?“
„Nein“, ruft Amelie, „ich meine das Wort ja.“
Schon bevor Papa loslacht, merkt sie, dass er sie wieder aufs Glatteis geführt hat. Sie ärgert sich ein bisschen darüber, aber das zeigt sie nicht.
Bernie, der Hund, kommt herein, um nachzusehen, was im Kinderzimmer los ist. Er legt sich an seinen Lieblingsplatz unter Amelies Bett.
„Jetzt bin ich dran!“, ruft Amelie. „Ich stelle dir Fragen.“
„Okay“, stimmt Papa zu.
Amelie beginnt: „Heißt du Volker?“
Papa fällt natürlich nicht darauf herein. Er antwortet: „Ich heiße Volker.“
„Hast du ein Kind?“
„Ich habe zwei Kinder.“
„Heiße ich Erna?“
„Du heißt nicht Erna. Du heißt Amelie.“
Amelie hat schnell raus, wie Papa das macht, dass er nie ja oder nein sagen muss. Er benutzt einfach die Wörter von der Frage in seiner Antwort.
Das möchte sie auch versuchen. „Fragst du mich noch mal?“, bittet sie.
Papa ist einverstanden.
„Und bleibst du bei mir, bis ich einen Fehler gemacht habe?“
„Kommt darauf an, wie lange es dauert“, sagt Papa und stellt die erste Frage: „Spielst du gern mit deinen Puppen?“
„Ich spiele gern mit meinen Puppen“, antwortet Amelie.
„Ärgerst du dich, wenn du beim Spielen verlierst?“
„Ich ärgere mich nicht, wenn ich beim Spielen verliere“, behauptet Amelie.
„Das glaube ich dir nicht“, widerspricht Papa. „Du hast dich neulich, als wir Schwarzer Peter gespielt haben, immer fürchterlich geärgert, wenn du den Schwarzen Peter hattest. Das stimmt doch, oder?“
Dass Papa das sagt, regt Amelie wahnsinnig auf! Es ist ungerecht! Sie hat sich kein bisschen bei dem Kartenspiel geärgert. Nur bei Mensch-ärgere-dich-nicht.
Aber Papa denkt das nicht wirklich, das sieht sie jetzt an seinem Gesicht. Es ist nur ein Trick, und beinahe wäre sie darauf hereingefallen. Im letzten Moment kann sie ihr wütendes Nein runterschlucken. Stattdessen sagt sie: „Bei Mensch-ärgere-dich nicht ärgere ich mich manchmal. Bei Schwarzer Peter nie.“
„Gut geantwortet“, lobt Papa sie. „Wenn du so weitermachst, sitze ich um Mitternacht noch hier und warte darauf, dass du ja oder nein sagst.“
Amelie will gerade antworten, dass sie das toll finden würde, als ihr der Atem stockt.
Papa hält auch die Luft an.
Amelie beugt sich zu Bernie hinunter. „Puh!“, schreit sie und hält sich die Nase zu.
„Das ist kaum auszuhalten!“, keucht Papa. „Warst du das?“
„Nein!“, schreit Amelie empört. „Das war Bernie. Bernie hat gepupst.“
Papa grinst ganz breit. Im ersten Moment weiß Amelie nicht, warum. „Och Mann“, schmollt sie, als es ihr klar wird. „Das war gemein ...“ Aber dann muss sie doch lachen.
Papa lacht auch ganz laut. „Du hast nein gesagt!“, ruft er. „Endlich habe ich es geschafft.“
Amelie findet es nicht schlimm, dass das Spiel jetzt zu Ende ist. Sie ist inzwischen ziemlich müde geworden.
Papa lüftet kurz, bevor er Amelie einen Gute-Nacht-Kuss gibt und hinausgeht . Bernie nimmt er mit. Vorsichtshalber ...

Eva Markert lebt in Ratingen bei Düsseldorf. Von Beruf ist sie Studienrätin mit den Fächern Englisch und Französisch. Außerdem besitzt sie ein Zertifikat für Deutsch als Fremdsprache und ist staatlich geprüfte Übersetzerin. In ihrer Freizeit arbeitete sie viele Jahre als Lektorin und Korrektorin in einem kleinen Verlag mit.
Zahlreiche Kurzgeschichten und Kindergeschichten von Eva Markert wurden in verschiedenen Hör- und Printmedien veröffentlicht. Ihre Kinder- und Jugendbücher sowie Romane und Kurzgeschichtensammlungen für Erwachsene sind bei Amazon und anderen Händlern erhältlich.

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