Das
prasselnde Kaminfeuer taucht die Wohnhöhle des Zauberers in ein geheimnisvolles
Licht.
„Dann erzählt
mal!“ Zauberer Nu lehnt sich in seinem Ohrensessel zurück und deutet auf zwei
große, weiche Sitzkissen, die vor dem Kamin liegen. Keylam und Saomi machen es
sich bequem.
„Eigentlich
wollten wir zu den Elfen, um ein magisches Band aus Elfenhaar zu besorgen …“,
beginnt Keylam.
„Doch wir
gerieten in eine Falle …“, unterbricht ihn Saomi.
„Eigentlich
waren es zwei Fallen!“, ergänzt Keylam.
„Ein oder
zwei, das macht doch keinen Unterschied. Es war auf jeden Fall sehr
gefährlich!“
„Gefährlich?
Nachher wurde es erst richtig gefährlich, als wir den Drachen …!“
„Stop, Stop,
Stop! Ich verstehe kein Wort!“, Zauberer Nu hebt abwährend die Hände. „Jetzt
mal langsam und bitte immer der Reihe nach.“
Keylam und
Saomi sehen sich an und müssen lachen. Saomi nickt Keylam zu: „Fang du an!“
„Also, alles
begann damit, dass wir auf der Klippe den Steingong geschlagen haben …!“
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Leseprobe:
Skarkoroks Festung
Romi
sauste mit rasender Geschwindigkeit durch das Nadelgebirge. Die kleine
Fledermaus wich den spitzen Gipfeln aus, tauchte in die Schluchten und Täler
ab, immer bedacht darauf, im Schatten zu fliegen. Skarkoroks Späher konnten
überall sein! Der böse Zauberling ließ alle gefangen nehmen, die es wagten,
seiner Festung zu nahe zu kommen.
Obwohl
Romi sich gerne in dunklen Höhlen und Gemäuern aufhielt, lief ihr ein Schauer
über den Rücken, wenn sie an Skarkoroks Verliese tief unter seiner Festung
dachte.
Jetzt konnte sie schon die Aschewolken und die glühende Lava des
Vulkangebirges sehen. Es war nicht mehr weit! Skarkoroks Festung lag zwischen
dem Nadel- und dem Vulkangebirge. Vor langer Zeit hatten viele fleißige
Berglinge in einen der Nadelberge Gänge und Tunnel, Kammern und Hallen
gegraben. Darin war es kalt. Die Wände und der Boden waren feucht. Der Geruch
von Fäulnis lag in der Luft und schauerliche Geräusche durchbrachen immer
wieder die Stille.
Romi hatte die Festung erreicht. Vorsichtig flog sie durch eine kleine
Öffnung in einen der düsteren Gänge. Still und unbemerkt hängte sie sich an
einen Felsvorsprung, von dem aus sie in den Thronsaal schauen konnte. Eben
betrat Skarkorok den Raum.
„Feuersturm! Steh auf! Du sollst mich ins Vulkangebirge fliegen!“,
brüllte der Zauberling. Es war noch früh am Morgen und er hatte schlecht
geschlafen. Immer wieder waren ihm die Ereignisse des letzten Tages durch den
Kopf gegangen. Dieser Tallingjunge hatte es gewagt, sich ihm, dem großen
Zauberling Skarkorok, in den Weg zu stellen. So etwas hatte es noch nie
gegeben! Skarkorok spürte, wie neuer Zorn in ihm aufstieg. Er musste sich
rächen! In der Nacht hatte er überlegt, was er diesem kleinen Talling antun
könnte. Es sollte eine besondere Gemeinheit werden, etwas, von dem das ganze
Tallingtal noch ewig sprechen würde. Alle sollten erzittern und dann würde es
keiner mehr wagen, sich gegen ihn aufzulehnen!
Skarkorok beschloss, ins Vulkangebirge zu reisen. Zwischen den
brodelnden und Feuer speienden Bergen lebten die außergewöhnlichsten,
unheimlichsten und grandiosesten Kreaturen – und die bösesten.
Dort werde ich mir Hilfe holen, dachte der Zauberling und rieb sich
voller Vorfreude die Hände. Dann trat er neben seinen Drachen. Dieser lag vor
dem großen Kamin, in dem ein wärmendes Feuer loderte.
„Steh auf!“, fuhr Skarkorok den Drachen erneut an und trat ihm gegen das
Bein. Feuersturm hob schwerfällig seinen gewaltigen Kopf vom Boden, ließ ihn
aber schnell wieder sinken. Er war krank. Dem sonst so majestätischen und
kraftvollen Drachen ging es schlecht, sehr schlecht. Er musste ständig husten,
seine Nase lief. Er war unendlich müde und fror entsetzlich. Er hatte die
schlimmste Krankheit, die ein Drache bekommen konnte: Sein Drachenfeuer war
erloschen. In diesem Feuer lag die ganze Magie und die Kraft der Drachen und
ohne es waren sie schwach, müde und hilflos.
Feuersturm schlotterte vor Kälte am ganzen Leib. Seine orangeroten
Schuppen klackerten leise gegeneinander. Ärgerlich versuchte er eine
Feuerflamme zu spucken, aber nur kleine weiße Wasserdampfwölkchen kamen aus
seinen Nüstern. Skarkorok schrie: „Steh auf, du Faulpelz! Du gehörst mir! Du
tust, was ich sage!“
Feuersturm hätte gerne getan, was Skarkorok von ihm verlangte – auch er
wollte es dem Tallingjungen heimzahlen, – doch er war zu krank. Er drehte
seinen Kopf auf die andere Seite und schloss die Augen.
Fluchend wandte der Zauberling sich von seinem Drachen ab.
Sollte er mit dem Besuch im Vulkangebirge warten, bis Feuersturm wieder
auf den Beinen war? Nein!
„Ich werde zu Fuß gehen! Ich nehme die Abkürzung durch die
unterirdischen Tunnel. Zerda, zu mir!“ Seine Helferin, die Spinne Zerda, war
etwa so groß wie ein Hund. Sie hatte auf einem gepolsterten Hocker neben
Skarkoroks Thron geschlafen. Jetzt sprang sie auf und kam auf den Zauberling
zu. Neben Skarkorok blieb sie stehen, machte ihre acht behaarten Beine lang und
ließ sich von ihrem Herrn den borstigen Rücken kraulen.
„Zerda“, sprach er zu ihr, „ich habe eine Aufgabe für dich!“
Und zu Feuersturm gewandt sagte er in einem rauen Ton: „Ich bin in ein,
zwei Tagen zurück! Sieh zu, dass du bis dahin wieder fliegen kannst, sonst
wirst du meinen ganzen Zorn zu spüren bekommen!“
Skarkorok und Zerda verließen den Thronsaal. Feuersturm blieb
schlotternd und erschöpft vor dem Kamin liegen.
Romi, die genug gehört hatte, machte sich eilig auf den Rückflug zum Einsamen
Berg.
Beim Zauberer
„Aufwachen!
Na los!“
Keylam öffnete ein Auge, schloss es dann schnell wieder und drehte sich
auf die andere Seite.
„Aufstehen, hab ich gesagt!“ Saomi versuchte nun schon seit geraumer
Zeit, ihren Freund zu wecken. Jetzt hatte sie eine neue Idee. Sie beugte sich
langsam über sein Ohr und flüsterte: „Wenn du nicht bald aus dem Bett kommst,
werde ich eine Ladung Felsenspucke holen und sie dir ins Gesicht klatschen!“
Keylam setzte sich ruckartig im Bett auf. Felsenspucke war das Widerlichste,
was er sich vorstellen konnte. „Bin ja schon wach“, grummelte er verschlafen.
„Schon ist gut“, erwiderte Saomi, „wir haben bald Mittag!“
Keylam stieg aus dem Bett und zog sich an, eine dunkelgrüne Hose und ein
hellbraunes Hemd sowie knöchelhohe Schuhe, die vorne spitz zuliefen. Mit beiden
Händen fuhr er sich durch die strubbeligen Haare, allerdings ohne sichtbaren
Erfolg. Während er seine Gürteltasche um seinen Oberkörper band, sah er sich in
der Wohnhöhle von Zauberer Nu um. Sie war geräumig und gemütlich eingerichtet.
Es gab einen Kamin, in dem ein Feuer brannte, einen Ohrensessel und zwei
Betten. Von dem einen hatte Keylam sich gerade erhoben, in dem anderen hatte
Saomi übernachtet. Im hinteren Teil der Höhle stand ein Schrank. Ein Vorhang verbarg
den Eingang zu einem Tunnel. In der Mitte befand sich ein großer, runder Tisch
mit vier Stühlen. Auf einem hatte Saomi Platz genommen, auf einem anderen saß
der Zauberer. Romi hing kopfüber von der Decke und schlief. Sie war schon vor
einiger Zeit zurückgekehrt und hatte dem Zauberer Bericht erstattet.
Nu lächelte Keylam an. „Guten Morgen!“, sprach er mit seiner tiefen,
ruhigen Stimme. „Bist du ausgeruht?“
„Ja“, antwortete Keylam. Sein Blick fiel auf den gedeckten Tisch. Er
hatte Hunger!
Vita
Die Autorin wurde 1978 in einer
Kleinstadt des Bergischen Landes geboren. Hier verlebte sie ihre Kindheit und
Jugend. Ende der 1990er Jahre zog sie nach Köln, wo sie eine Ausbildung zur
staatlich anerkannten Erzieherin absolvierte. Seit der Geburt ihres ersten
Sohnes kümmert sie sich um die Belange ihrer Familie. Sie lebt heute mit ihrem
Mann und drei Kindern in der Nähe von Köln.
„Mama, erzähl uns noch eine
Geschichte!“, so tönt es jeden Abend aus drei Kehlen. Nachdem die Autorin
einige Jahre ihre Geschichten mit ihren Kindern geteilt hat, verschriftlichte
sie „Keylam: Die Ankunft“ und veröffentlichte am 01.03.2016 ihr Debüt, einen
Fantasy Roman für Kinder. „Keylam und der Stachel des Bösen“ folgte Ende 2016.
Ein dritter Band wird 2017 die Trilogie komplettieren.
Anne Schmitz verfasst außerdem
Kurzgeschichten für Jugendliche und Erwachsene. Ihre Kurzgeschichte „DreamLife
– Lebe deinen Traum!“ erreichte beim Autorenwettbewerb „Wenn ihr wüsstet …“ den
ersten Platz.
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