Leseproben für kleine Schmökerratten
- Kinderbücher von Indie-Autoren
Posts mit dem Label Drachen werden angezeigt. Alle Posts anzeigen
Posts mit dem Label Drachen werden angezeigt. Alle Posts anzeigen

Dienstag, 7. Juni 2016

„Keylam: Die Ankunft“ von Anne Schmitz


Klappentext
Im Tal der Tallinge herrscht große Aufregung. Der Zauberer hat für diese Nacht die Ankunft eines neuen Tallings vorausgesagt.
Hoffentlich kann der Neue ihnen im Kampf gegen den bösen Skarkorok und seinen Drachen helfen!
Auf die jungen Tallinge Saomi und Keylam wartet ein fantastisches Abenteuer voller Magie ...
Empfohlenes Lesealter: ab 8 Jahre
Erhältlich bei Amazon.

Leseprobe

Auf der Tallingwiese

„Pst, so seid doch bitte leiser!“ Verzweifelt bemühte sich Häuptling Romwald, die Tallinge zu beruhigen, die auf der Dorfwiese beisammen standen und sich aufgeregt unterhielten.

Romwald raufte sich die weißen Haare. „Meine lieben Mitbürger“, versuchte er es erneut, „ich weiß ja, ein wundersames Ereignis steht uns bevor.“ Er trommelte mit den Fingern auf das Rednerpult, in der Hoffnung, dass die Tallinge zur Ruhe kommen würden. Doch niemand beachtete ihn.

Der Häuptling strich über seinen weißen Bart, der ihm bis auf den runden Bauch herabhing. Er ließ seinen Blick über die Bewohner des kleinen Dorfes Tallingheim schweifen und betrachtete dann die Äste des mächtigen Tallingbaumes, die sich sacht in der warmen Abendluft wiegten.

Vor ein paar Tagen war Romi, die Fledermaus, mit einer Nachricht von Zauberer Nu in sein Haus geflattert. Der Zauberer hatte die Ankunft eines neuen Tallings für die heutige Nacht vorausgesagt. Nun gab es für die Dorfbewohner kein anderes Thema mehr. Es war eine Sensation! Seit Saomis Ankunft vor zehn Jahren war kein weiterer Talling mehr bei ihnen eingetroffen. Damals hatte noch niemand geahnt, dass der Frieden in ihrem Tal bald ein Ende haben würde.

„Die Zeiten sind schlecht!“, beschwerte sich jemand.

„Irgendwer muss Skarkorok aufhalten!“, forderte ein anderer.

„Vielleicht kann uns ja der Neue helfen!“, hoffte der Schreiberling. „Oder die Neue!“ mischte sich eine Tallingfrau ein.

„Oder die Neue!“, wiederholte der Schreiberling etwas genervt. „Das spielt doch keine Rolle. Wir brauchen auf jeden Fall einen Zauberling oder einen Wächterling!“ Da waren sich alle einig. Der Häuptling wusste, dass die Dorfbewohner große Hoffnungen in den Neuen setzten. Aber leider gab es nur wenige Zauberlinge. Wächterlinge kannten sie sogar nur aus alten Sagen.

„Bitte, bitte!“ Flehend sprach Romwald auf die Dorfbewohner ein. „Ihr müsst still sein! Skarkorok wird uns hören und dann …“ An das, was passieren würde, wenn der böse Zauberling Skarkorok ihre Versammlung bemerken würde, wollte er lieber nicht denken. Er schüttelte seinen Kopf, um die schlechten Gedanken zu vertreiben. Es gab noch eine Möglichkeit, sich Gehör zu verschaffen. Auf dem Rednerpult stand ein kleines, eher unscheinbares Glöckchen. Allerdings war es ein ganz besonderes, da der Klöppel aus einem grünen Kristall gefertigt war. Mit zitternden Fingern streckte Romwald seine Hand langsam danach aus. Vorsichtig hob er das Glöckchen an.

Hoffentlich hört Skarkorok es nicht, dachte der Häuptling
noch, dann ließ er es einmal erklingen. Der Ton war hell und rein. Er sauste von Talling zu Talling, von Ohr zu Ohr. Er erreichte die Vögel im Baum, das Eichhörnchen in seinem Kobel, ja sogar die Regenwürmer in der Erde. Schnell huschte er weiter ins Dorf, wo ihn Ziegen und Schafe, Hühner und Pferde hörten und schließlich verklang er in der Dämmerung. Erschrocken blickten die Tallinge sich an. Jetzt erst bemerkten sie, in welche Gefahr sie sich und die Ankunft, durch ihr lautes Geschwätz, gebracht hatten. Leise nahmen die Dorfbewohner nun auf den Sitzsteinen Platz. Der Bäckerling ging zu seinem Karren und holte die eigens für diese Nacht gebackene Sternenstreusel hervor. Lehrlinge füllten Wasser und Lebeliasaft aus Fässern ab. Gemeinsam bewirteten sie die schweigenden Tallinge.

Da erklang der Ruf einer Eule. Romwald flüsterte: „Die Nacht ist da. Die Ankunft steht kurz bevor.“

Es war eine warme Nacht. Grillen zirpten. Ein Mäuschen flitzte piepsend über die Dorfwiese, angelockt vom köstlichen Duft des Gebäcks. Eine leichter Wind rüttelte sacht an den sternförmigen Blättern des mächtigen Tallingbaumes, dessen Äste die Dorfwiese überspannten, ganz so, als wolle er die versammelten Tallinge beschützen.

Der majestätische Baum stand schon seit Anbeginn der Zeit im Tal der Tallinge. Sie nannten ihn ihren Lebensbaum. Sein Stamm war so gewaltig, dass sieben Tallinge nötig waren, um ihn einmal zu umfassen. Das Wundersamste am Lebensbaum waren jedoch die Kugeln. An den mächtigsten und stärksten Ästen wuchsen weiß schimmernde, matt leuchtende Kugeln. Es gab sie in allen Größen. Manche waren noch klein, wie Äpfel, andere waren so groß wie prall gefüllte Getreidesäcke. Eine Kugel jedoch war größer als alle anderen und leuchtete auch heller. Unter ihr war eine Hängematte aus reißfestem Lebeliatuch aufgespannt worden. Dies war der Ort der Ankunft.



Vita
Die Autorin wurde 1978 in einer Kleinstadt des Bergischen Landes geboren. Hier verlebte sie ihre Kindheit und Jugend. Ende der 1990er Jahre zog sie nach Köln, wo sie eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Erzieherin absolvierte. Nachdem sie einige Zeit in einem Kindergarten gearbeitet hatte, schrieb sie sich für ein Studium der Diplom Sozialpädagogik ein. Seit der Geburt ihres ersten Sohnes kümmert sie sich um die Belange ihrer Familie. Sie lebt heute mit ihrem Mann und drei Kindern in der Nähe von Köln.
Homepage: www.anne-schmitz.com

Freitag, 7. August 2015

Es war einmal – Nach märchenhaften Ideen von Manfred Basedow




Klappentext:

Es war einmal … So beginnen die meisten Märchen. Sie spielen in einem fernen Reich, mitten im Märchenland, das unendlich groß und weit ist, sodass niemand die tatsächliche Größe erraten kann. Es ist so groß wie die Fantasie aller Menschen auf der Welt.
Das gilt auch für diese schönen Geschichten, in denen tanzende Wunderkreisel, Waldzwergenjungen, Drachen, eine Waldhexe und viele andere, neue Märchenfiguren für märchenhafte Spannung sorgen. Wie alles sich auf wundersame Weise zum Guten wendet, gibt es in diesen zauberhaften Erzählungen zu lesen.
Wie man ins Märchenland gelangen kann? Nun, das ist doch ganz einfach: Man braucht bloß die Erde dreimal zu umrunden und dann ganz scharf nach links abzubiegen.
Viel Spaß beim Eintauchen in die Welt der Märchen wünscht
Manfred Basedow

Das reich und bunt illustrierte Märchenbuch in Hardcover, gezeichnet von Jutta E. Schröder enthält 15 Märchen, die neu aber in klassischer Märchenerzählform geschrieben wurden.
Erhältlich beim Sarturia Online Buch Shop.
Link zum Sarturia Online Buch Shop.


Leseprobe:

Der Drache mit dem Goldpanzer

Es war einmal in einem fernen exotischen Land. Wollte man dorthin gelangen, musste man die Welt dreimal umrunden und dann ganz scharf nach links abbiegen. Das Land trug den ausgefallenen Namen Dragonien.
Dort herrschte König Bromius I. in einem großen Schloss. Es war auf dem Berg Silberschein erbaut worden, der so genannt wurde, weil er aus reinem Silber zu sein schien, sobald das Mondlicht ihn erhellte. Der Berg war über siebentausend Meter hoch, der höchste im ganzen Reich.
Tief in seinem Inneren befand sich eine Drachenhöhle, in welcher der uralte, feuerspeiende, siebenköpfige Drache mit dem Goldpanzer lebte. Ihm musste alle sieben Jahre eine Jungfrau als Opfer dargebracht werden. Die Bedauernswerte wurde an eine dicke Marmorsäule festgebunden, die sich beim Eingang zur Drachenhöhle befand. Pünktlich um Mitternacht tauchte das gepanzerte Untier auf, spie ein Flammenmeer gegen den Nachthimmel und ließ sein schauerliches Gebrüll das Land vor Angst erzittern. Danach schleppte der Drache die Jungfrau in seine Höhle und das Reich hatte erneut sieben Jahre Ruhe. Niemand erfuhr je, was mit den unglückseligen Mädchen geschah.
Eltern, denen eine Tochter geboren wurde, verließen das Reich und für das kommende Jahr blieben nur noch drei Jungfrauen für das Drachenopfer übrig: Die drei schönen Prinzessinnen Marissa, Larissa und Clarissa, die Töchter von König Bromius I.
Ängstlich und ratlos befragte er seinen Minister: „Wie können wir verhindern, dass meine älteste Tochter Marissa im kommenden Jahr dem Drachen geopfert werden muss? Ich kann es nicht dem Volk gleichtun. Ich darf mein Reich im Stich lassen, schließlich bin ich der König.“
Der Minister antwortete: „Majestät, ruft einen Wettstreit aus. Junge Prinzen, die mutig genug sind, gegen den Drachen anzutreten, mögen vorsprechen. Wem es gelingt, unser Reich von diesem Ungeheuer zu befreien, erhält als Belohnung die Prinzessin Marissa zur Frau.“
„Minister“, erwiderte der König, „das ist Euer bisher weisester Rat. So soll es sein. Schickt Herolde ins Land. Sie sollen verkünden, dass der Prinz meine Tochter Marissa zur Frau bekommt, dem es gelingt, den Drachen zu töten. Außerdem erhält die Braut eine königliche Mitgift.“


Kurzvita

Am 16. Mai 1959 wurde Manfred Basedow im Ostseebad Kühlungsborn geboren, lebte während seiner überwiegenden Kindheit in Bad Doberan und ab 1973 in Rostock.
Nach Abschluss seiner Schulbildung wechselte er auf die Warnowwerft Warnemünde den Beruf des Maschinen- und Anlagenmonteurs, arbeitete er bis 1987 als Rohrschlosser in diesem Betrieb und schulte zwischen 1999 bis 2001 zum Bürokaufmann um.
Vor ca. neun Jahren schrieb er seine ersten Gedichte, bis er im November 2011 an einer Zeitungskampagne der Ostsee-Zeitung und der Heinrich Hünicke GmbH teilnahm. Der Titel der Kampagne lautete: „Wir schenken Ihnen Raum“, die er mit dem Weihnachtsgedicht „Weihnachten ohne Rentier Rudolph?“ als erster Preisträger gewann.
Dort kam Manfred Basedow mit Vertretern der Ostsee-Zeitung und anderen Autoren ins Gespräch. Jemand fragte: „Warum haben Sie noch kein Buch geschrieben?“
Auch auf ein neues Medium wurde ich aufmerksam, das E-Book. Manfred Basedow meldete sich beim Selfpublishing Verlag BookRix.de im Internet an und schrieb im Jahr 2012 sein erstes Märchen „Der Drache mit dem Goldpanzer“. Es wurde auch im neuen Märchenbuch „Es war einmal“ Nach märchenhaften Ideen von Manfred Basedow an erster Stelle gedruckt.
Im Jahr 2013 veröffentlichte der Verlag Sarturia E.K. Autoren Service Unterensingen zwei Anthologien der Buchreihe „Märchen unterm Regenbogen“. Im Band 3 „Osterhase und Bienenstich“ eröffnete seine Tiergeschichte „Die Abenteuer des Ameisenjungen Ronny“, das Ende März 2013 erschiene Buch. Seine Weihnachtsgeschichte „Wie der Weihnachtsmann an den Nordpol kam“ wurde im Band 5 „Weihnachten bei Sarturia“ gedruckt.
Zur Adventszeit 2014 erschien Band 6 „Märchen unterm Regenbogen 24 Geschichten aus dem Tierreich“ mit der Tiergeschichte „Fridolins neue Abenteuer“ von Manfred Basedow.
Auf der Webseite von Thalia und Amazon werden weitere Märchen als E-Books unter seinem Namen angeboten.
Manfred Basedow wünscht allen Lesern und Zuhörern viel Spaß beim Eintauchen in seine märchenhaften Traumwelten.


Mein BookRix Autoren Profil: http://www.bookrix.de/-baltikpoet



Freitag, 3. Juli 2015

„Der Sänger“ von René Deter



Klappentext:

Die Welt der Märchen ist eine ganz besondere. Seit Jahrhunderten begeistern sich Menschen für zauberhafte Geschichten. 

Der Autor des vorliegenden Buches erzählt in 11 liebevollen Märchen über verwunschene Drachen, bösen und guten Zauberern, Menschen mit besonderen Begabungen, hilfreichen Zwergen, Geistern und Feen und zauberhaften Begegnungen. 

Lassen Sie sich in das Reich der Fantasie entführen und genießen Sie die vorliegenden Märchen. Oder lesen Sie Ihren Kindern und Enkel aus dem Buch vor. Es wird sie begeistern ... 

Erhältlich als Taschenbuch bei Amazon und beim Verlag. Ebenso das Ebook, es ist aber auch in allen anderen bekannten Ebookshops verfügbar.



Leseprobe:

Vom kleinen Franz  (ein komplettes Märchen aus dem Buch)

Es lebte einmal am Rande eines finsteren Gebirges eine arme Familie. Der Vater verdingte sich mehr schlecht als recht als Holzknecht, die Mutter wusch die Wäsche anderer Leute. Und da war da noch ihr Bübchen Franz, dass seinen Eltern half, wo immer er es mit seinen noch ganz jungen Jahren nur konnte.
Er war trotz der schweren Verhältnisse ein rechter Sonnenschein und sah immer nur das Gute und Positive, doch nur selten konnte er Vater und Mutter ob des harten Loses aufmuntern.
Meist kümmerte sich Franz darum, dass genug Reisig für das Feuer in der Hütte da war, denn das konnte er mit seinen kleinen Händen gut tragen, da es nicht zu schwer war.
So kam die arme Familie durch das Leben. Jeder hatte seine Aufgabe und sorgte dafür, dass ihr kleines Familienglück trotz aller Widrigkeiten erhalten blieb.

***

Es war wieder Winter und darum umso wichtiger, genügend Holz und Reisig für das Feuer zu haben. Franz strengte es sehr an, durch den recht tiefen Schnee zu stapfen und im Wald des Gebirges nach Reisig zu suchen. Doch es war nun einmal seine Aufgabe und er wollte Vater und Mutter nicht enttäuschen.
Aber dieses Mal lag so viel Schnee, dass er sämtliches Reisig überdeckt hatte. Nur in den tiefsten Wäldern würde weniger Schnee zwischen den Bäumen liegen, um Reisig zu finden.
Deshalb wagte sich Franz viel weiter in den finsteren Wald des Gebirges hinein als je zuvor. Schließlich wurde das Holz dringend gebraucht. Er suchte und suchte, fand jedoch kaum etwas. Es war zum Verzweifeln. Franz war den Tränen nah.
So konnte er doch nicht unter die Augen seiner Eltern treten. Nur ein ganz mageres Büschel hatte er zusammensammeln können. Das reichte kaum für einen halben Tag.
Aber was sollte er machen? Es war einfach nichts zu finden.
In dem Moment fing ein schweres Schneegestöber an und nahm dem kleinen Junge jede Sicht. Zudem verwische der neue Schnee immer mehr die Spuren, die er hinterlassen hatte.
Und es kam, dass Franz den Weg verlor und sich im dunklen Wald des Gebirges verirrte.
Da setzte er sich an einen Baum und fing an zu weinen.
„Was soll nun werden, was soll nun werden.“ Er hatte alle Hoffnung verloren.
Immer wieder sagte er das Gleiche und wurde dabei durch den fallenden Schnee, die Kälte der Luft und des Bodens, die langsam in ihn hinein kroch, schwächer und schwächer.
Den kleinen starken Franz, der so fleißig war, schien das Leben zu verlassen. Schließlich hörten die Worte auf und er sackte in sich zusammen.
Als er schon fast in den Tode hinüber gedämmert war, da packten den Jungen auf einmal zwar kurze, aber starke Arme und trugen ihn davon. Der Junge bekam es jedoch nicht mehr mit.

***

Was war das?
Als Franz erwachte, lag er auf bequemen Fellen und es war pummelig warm.
Aber, wie konnte das sein? Eben noch war er draußen im kalten Winterwald auf der Suche nach Reisig und nun lag er so bequem, wie es nicht einmal zuhause war.
Franz öffnete die Augen und erblickte Wände aus Stein, die von Fackeln beleuchtet waren.
Wo war er denn nur? Das war doch kein menschliches Haus, schon gar nicht die elterliche Hütte.
Er drehte sich zur Seite und blickte in das Gesicht einer gütlich dreinschauenden, aber recht klein geratenen Frau.
„Oh, unserer kleiner Junge erwacht“, stellte jene fest.
„Ein Wunder, ein Wunder ist es es, dass er noch lebt“, hörte er anschließend eine tiefere Stimme. „Aber deine Pflege ist ja auch immer herzallerliebst, Weib.“
Da trat ein ebenso kleiner Mann neben die Frau.
„Bloß gut, dass ihr ihn noch gerade rechtzeitig gefunden habt. Bei diesem Wetter sollte niemand draußen sein, schon gar nicht ein kleiner Junge.“
„Weib, du hast wie immer recht.“
Die Frau lächelte ihn an, dann wandte sie sich an Franz: „Nun, wie geht es dir denn, mein kleiner Junge? Mein Mann Erichfried und sein Bruder Theobaldus haben dich gerade noch rechtzeitig aus der kalten Umklammerung des ewigen Schlafes erretten können. Und ich bin übrigens Friederike.“
Franz wusste gar nicht, was er sagen sollte, doch dann entschied er sich dafür, die volle Wahrheit zu sagen. Was hatte er schon zu verlieren. Seine Mutter hatte ihm immer dazu erzogen, geradeheraus die Wahrheit zu sagen, wenn er etwas gefragt wurde.
„Ich bin Franz. Mein Vater ist ein armer Holzknecht und meine Mutter wäscht für andere Leute die Wäsche. Meine Aufgabe ist es jedoch, dass Reisig für das Feuer zu sammeln. Doch dieses Jahr gibt es so viel Schnee, da fand ich kein Reisig und hoffte, im dunklen Wald des Gebirges mehr zu finden. Doch auch da gab es nichts. Und als ich schließlich mit meiner mageren Ausbeute  beschämt den Rückweg antreten wollte, da fing es an zu schneien und ich verlief mich im Wald.“
„Oh ja und da bist du dann fast gestorben. Aber mein Mann und sein Bruder fanden dich gerade noch rechtzeitig und haben dich hierher in die sicheren Gefilde der Welt unter den Bergen gebracht.“
Franz nickte.
„Aber wer seid ihr? Ihr seid ja so klein, Frau Friederike. Und auch euer Mann Theobaldus ist nicht sehr groß.“
Er schaute sie mit großen Augen an.
„Ich verstehe deine Frage gut, Franz. Du hast ganz recht erkannt, dass wir keine Menschen sein können. - Doch vorher lass dir sagen, dass du uns mit Friederike und Theobaldus ansprechen kannst und natürlich mit Du. Das ist unter uns so üblich. Verstanden?“
Franz nickte.
„Nun gut, du fragst, was wir sind. Vielleicht haben dir deine Eltern schon mal davon erzählt, aber wir sind tatsächlich Zwerge und wir bevölkern unentdeckt von den Menschen das ganze Gebirge mit dem dunklen Wald, wobei wir in großen unterirdischen Höhlen wie diese leben.“
Nun war es am Jungen zu staunen. Ihre Mutter hatte zwar mal von den Zwergen erzählt. Aber das waren Märchen. Und nun, nun war er bei Zwergen zu Gast. Zwergen, die ihm sein Leben gerettet hatten.
„Aber Zwerge, die gibt es doch gar nicht!“, platze es schließlich aus dem Jungen hervor.
„Na na, sind wir denn nichts?“ Friederike blieb ganz ruhig, denn sie wusste darum, dass die Zwerge für die Menschen ins Reich der Träume gehörten.
„Es fällt mir schwer, daran zu glauben, Friederike.“
„Aber wer sollte es denn, wenn nicht du, mein kleiner Junge. In deinem Herzen ist noch Platz für das Magische dieser Welt. Denke immer daran, denn du wirst es schnell genug verlieren. Und nun schlafe, mein Kind, es wird dir gut tun.“
Franz nickte erneut. Er war müde und das Lager sehr bequem.
Friederikes Mann mischte sich nicht ein. Er war nur froh, dass das Kind lebte. Auch wenn es ein Menschenkind war, so konnte er nicht sehen, wenn Kinder litten und gar starben. Das war tief in ihm verwurzelt. Er mochte zwar zuweilen poltern und eine gewisse Rauigkeit aufweisen, aber im Inneren war er ein zutiefst fried- und liebevoller Zwerg.
Franz drehte sich zur Seite und nur Momente später war er dann eingeschlafen.
„Wir sollten auch zu Bett gehen“, meinte schließlich Friederike zu ihrem Mann. „Der Junge braucht uns morgen, denn schließlich liegt es an uns, ihn wieder an seine liebenden Eltern zu übergeben.“
Ein wenig Traurigkeit schwang in ihrer Stimme mit, denn am liebsten hätte sie den kleinen Franz dabehalten und als ihr eigenes Kind angenommen. Doch das ging nicht, denn Menschen wurden einfach zu groß und zudem besaß er Eltern, die ihn sicher sehr vermissten. Sie hoffte nur, dass sie an seine Kraft glaubten und nicht aufgaben. Denn, wenn der Junge eine Sache besaß, dann war es ein fester Wille und viel Kraft.
„Hm. Ich werde mich persönlich darum kümmern, den Jungen wieder zurück zu seinen Eltern zu bringen“, brachte sie Erichfried aus ihren Überlegungen heraus. „Das ist sehr großzügig von dir, mein herzallerliebster Mann.“
„Du weißt doch: Raue Schale, weicher Kern.“
Da mussten sie beide lächeln und gaben sich einen tiefen Kuss, denn wie auch bei den Menschen zeugte ein Kuss von tiefer Liebe und Zuneigung zueinander. Danach begaben sie sich ins Bett, wobei sie doch das Feuer noch einmal kontrollierten. Aber es war alles in Ordnung.

***

Am nächsten Morgen erwachten sie lange vor dem Jungen, den Zwerge brauchten viel weniger Schlaf als Menschen.
Friederike bereitete ein schmackhaftes Frühstück zu und ihr Mann bereitete alles vor für die Rückbringung des Jungen zu seinen Eltern.
Sie waren kaum fertig, da erwachte auch schon Franz.
„Guten Morgen, Franz.“ Die Zwergin lächelte den Jungen freundlich an. „Hast du gut geschlafen?“
„Guten Morgen, Friederike. Ganz herrlich. Alles war richtig bequem, aber zu Hause ist es doch am besten.“
„Das ist wohl wahr, mein Junge. Drum wird dich heute mein Mann zurück zu deinen Eltern bringen.“
„Das macht er? Aber ich habe mich doch verlaufen und er weiß doch gar nicht, wo ich wohne.“
„Sei ganz unbesorgt. Wir Zwerge haben da so unsere kleinen Geheimnisse.“ Sie machte eine kurze Pause. „Doch nun musst du dich erst einmal stärken. Das Frühstück ist fertig.“
Franz stieg von seinem bequemen Lager auf. Zunächst waren seine Beine noch etwas wackelig, dann jedoch ging es wieder genauso gut wie immer.
Bei seinem Bett stand ein kleines Schüsselchen mit frischem Wasser. Franz benutzte es und wusch sich Gesicht und Hände. Dann begab er sich zum Tisch, wo die die Zwerge bereits auf ihn warteten.
„Greif nur zu. Es wird dir gut tun, Franz.“
Das ließ sich der Junge nicht zweimal sagen, denn sein Bauch verriet ihm deutlich, dass er Hunger hatte. Es duftete vorzüglich, was die Zwergin zubereitet hatte und schmeckte noch viel besser.
So reichlich und gut hatte er schon lange nicht mehr gegessen.

Als sie fertig waren, machte sich Erichfried bemerkbar. „Und nun ist es an der Zeit, dich wieder zurück zu deinen Eltern zu bringen.“
„Oh ja, lieber Erichfried. So schön es hier bei dir und Friederike ist, vermisse ich sie doch sehr.“
„Das ist dein gutes Recht, Franz“, mischte sich Friederike ein. „Jedes Kind sollte sich nach seinen Eltern sehnen, den einen liebenden Vater und eine liebende Mutter sind das Schönste, was es gibt. Das darfst du nicht vergessen.“
„Ja, Friederike. Ich werde es in meinem Kopf behalten.“
„Und nun, Franz“, mischte sich wieder Erichfried ein, beschreibe mir ein wenig die Umgebung eurer Hütte, damit ich dich sicher hinleiten kann.“
Der Junge machte es und schnell war sich der Zwerg darüber klar, welchen Weg sie einschlagen mussten. Er kannte sich wie alle Zwerge sehr gut aus und konnte  sich auf seine Sinne verlassen. Das Gute daran war, dass sie zunächst einen Teil unterirdisch zurücklegen konnten. So brauchten sie nicht frieren und durch den schweren Schnee stapfen, der der nachts gefallen war.
„Ich weiß, wie wir gehen müssen“, sagte schließlich zu Franz. „Du hast mir sehr schön beschrieben, wo du wohnst. Es ist ein weiter Weg, aber bis Mittag solltest du zu Hause sein.“
Da strahlte Franz über das ganze Gesicht. Auch, wenn er keinen Reisig hatte, so würde er doch wieder bei Mutter und Vater sein. Das war, wie ihn sein Erlebnis offenbarte, ungleich mehr wert.
Er verabschiedete sich herzlich von Friederike, die ihn wie ein eigenes Kind an die Zwergenbrust drückte, dann machten sie sich auf den Weg.

Der Zwerg führte den Knaben durch unzählige dunkle Gänge, die mal etwas bergauf, dann wieder bergab liefen. Der Junge staute, wie weit verzweigt das unterirdische Reich war und wie zielsicher Erichfried darin bewegte. Franz selbst hätte, das musste er sich eingestehen, schon längst den Weg verloren. Aber er war ja auch kein Zwerg.
„So“, meinte schließlich Erichfried, „wir sind fast an deiner Hütte angekommen. Du musst nur noch den Gang verlassen und immer geradeaus gehen, dann wirst du in wenigen Augenblicken zu Hause sein. Ich aber muss dich nun verlassen, Franz.“ Er drückte den Jungen an sich, denn auch er hatte ihn ein Stück weit lieb gewonnen.
„Versprich mir“, setzte er schließlich fort, „immer schön auf dich aufzupassen. Nicht immer können wir Zwerge da sein, um zu helfen. Und du weiß ja, ohne uns wärst du fast erfroren.“
„Ja, ich verspreche es, Erichfried“, meinte da der Junge.
„So ist es gut!“ Der Zwergenmann war zufrieden. „Und nun mach es gut und tarne den Zugang zur diesem Eingang. Ich kann mich da doch auf dich verlassen?“
„Du kannst es.“
„Sehr schön und alles Gute für dich.“
„Danke dir herzlich Erichfried. Auf Wiedersehen.“
Der Zwerg machte sich von dannen und der Junge begab sich zum anderen Ende des Ganges. Tatsächlich fand er schnell den Ausgang und trat in die zauberhafte Winterlandschaft. Den Eingang in das Reich der Zwerge ließ sich schnell tarnen, dann sah er sich um und tatsächlich erblickte er in der Nähe die heimatliche Hütte.
Das war eine Freude für den Jungen. Er sprang in wilder Hüpferei zum Haus.
Wie er da so herbeisprang, öffnete sich die Tür und seine mit Tränen überströmte Mutter kam aus der Tür.
„Franz, Franz! Dir ist nichts geschehen. Oh welch ein Wunder!“
„Ach Mama, die Zwerge haben mich gerettet und bei sich schlafen lassen.“
„Die Zwerge? Aber Franz, was redest du denn da? Zwerge gibt es doch nicht.“
„Aber Mama, sie haben mich aus dem Schnee gerettet und  bei sich schlafen lassen und heute Morgen habe ich ein vorzügliches Frühstück erhalten.“
Seine Mutter schüttelte nur ihr Haupt, denn es war doch sehr haarsträubend, was ihr da Franz erzählte.
„Komm erst einmal hinein, Franz. Dort kannst du mir dann alles in Ruhe erzählen.“
So gingen sie beide in die Hütte und Franz war froh, wieder zu Hause zu sein. Das elterliche Haus war doch etwas Anderes als eine Höhle der Zwerge. Aber er würde die hilfreichen Zwerge nicht vergessen. Denn er war sich trotz seiner jungen Jahre sehr bewusst, dass er ohne die Zwerge nicht mehr am Leben wäre. Auch wenn niemand ihm Glauben schenkte, er glaubte fest daran und behielt die weisen Worte der Zwerge für immer in seinem Herzen.


René Deter wurde 1974 im mecklenburgischen Städtchen Grevesmühlen geboren und lebt heute im nördlichen Teil des Biosphärenreservats Schaalsee, ca 20 km von der alten Hansestadt Lübeck entfernt. Schon früh entdeckte er die Liebe zum Lesen und Schreiben. Zunächst waren es Gedichte, bald darauf folgten auch Märchen, Kurzgeschichten und längere Erzählungen und kurze Romane. Diese Liebe hat ihn bis heute nicht losgelassen. Dabei bewegt er sich in ganz unterschiedlichen Genres, vorwiegend im fantastischen Bereich. Aber auch die Lyrik gehört zu seinem Metier.
Inspiration für seine Geschichten und Gedichte findet der Autor u. a. in der Natur seiner Heimat, aber auch im Urlaub oder durch besondere Ereignisse, die ihn bewegt haben.Natürlich gibt ihm das Leben in allen seinen Facetten Stoffe zum Erzählen.
Mehr Infos: