Amos’ Mama
hat den netten Herrn Baldur geheiratet und sagt Hendrik zu ihm. Amos weiß nicht,
wie er Herrn Baldur nennen soll, deshalb bleibt er fürs Erste bei „Herr Baldur“.
Mit ihm hat
Amos jede Menge Spaß. Herr Baldur hat einen sprechenden Wellensittich und das
längste Taschentuch der Welt. Jeden Abend bringt er Amos mit ins Bett. Er
kitzelt ihn durch oder denkt sich lustige Geschichten mit ihm aus. Und er ist
immer da, wenn Amos Hilfe braucht.
Deshalb weiß
Amos eines Tages, dass Herr Baldur nicht einfach nur Herr Baldur ist, sondern
sein neuer Papa. Und zwar der beste auf der ganzen Welt!
15 kurze Geschichten zur guten Nacht für die
Kleinsten
Erhältlich bei Amazon:
Leseprobe:
„Gute Nacht, träum süß“, sagt
Amos’ Mama.
„Schlaf gut, du Schlitzohr“,
wünscht Herr Baldur.
Mama geht schon mal hinunter,
Herr Baldur kitzelt ihn wie jeden Abend noch eben durch.
„Weißt du, was die Meike im
Kindergarten mir erzählt hat?“, sagt Amos, als er wieder Luft bekommt. „Ihr Papa
erzählt ihr abends vor dem Einschlafen immer eine Geschichte.“ Dabei guckt er
Herrn Baldur erwartungsvoll an.
Der grinst. „Und gleich wirst du
mich fragen, ob ich dir auch eine Geschichte erzähle.“
Amos nickt.
Herr Baldur setzt sich aufs
Bett. „Hm“, sagt er und kratzt sich am Kopf. „Ich bin aber nicht gut
darin.“
„Das ist egal“, meint Amos.
„Erzähl irgendwas. ,.Hauptsache, du bleibst noch ein bisschen bei mir.“
Herr Baldur überlegt. „Als ich
so alt war wie du“, beginnt er, „habe ich vor dem Zubettgehen immer eine Sendung
im Fernsehen gesehen. Die hieß Sandmännchen. Leider erinnere ich mich
nicht mehr an die Geschichten, die das Sandmännchen mitbrachte.“
„Dann erzähl
mir doch von diesem Männchen“, schlägt Amos vor.
„Es trug einen roten Mantel und
eine runde, rote Mütze. Es hatte weiße Haare, die unter der Mütze
hervorschauten, und einen spitzen, weißen Bart.“
„Warum hieß es
Sandmännchen?“
„Weil es ein Säckchen mit Sand
dabeihatte.“
„Wozu?“
„Um den Kindern Sand in die
Augen zu streuen.“
„Warum?“ Amos ist ganz entsetzt.
Automatisch reibt er sich die Augen.
„Damit sie besser einschlafen
können. Manchmal findet man am nächsten Morgen noch ein Körnchen davon in den
Augenwinkeln.“
Amos möchte keinesfalls, dass
ein Mann mit einem Sandsack an seinem Bett erscheint, und er will auch keinen
Sand in den Augen haben. „Das ist bloß ein Märchen, oder?“, erkundigt er sich
beunruhigt.
Herr Baldur lacht. „Keine Bange.
Du bist bisher noch immer ohne Sandmann eingeschlafen.“
„Wenn so ein Sandmann zu mir
will, lässt du ihn doch nicht rein, oder?“, bohrt Amos nach.
Herr Baldur streichelt seine
Wange. „Nein. Du brauchst keine Angst zu haben.“
„Ich finde Sandmänner nämlich
unheimlich“, setzt Amos hinzu.
„Wenn ich es mir genau überlege,
hast du recht“, stimmt Herr Baldur zu. „Ich verstehe gar nicht, wie man auf die
Idee kommen konnte, Kindern zur guten Nacht vom Sandmann zu erzählen.“
„Erzähl mir lieber was von
Monstern“, bittet Amos. „Vor denen habe ich keine Angst.“
Und da erzählt Herr Baldur ihm
von den Sandmonstern. „Wie man schon am Namen hört“, beginnt er, „leben
Sandmonster im Sand.“
„Am Strand?“, hakt Amos
nach.
„Ja, auch“, bestätigt Herr
Baldur, „und in Sandkästen.“
„In meinem Sandkasten im
Garten?“, erkundigt sich Amos.
„Auch da“, bestätigt Herr
Baldur. „Tagsüber vergräbt sich das Sandmonster tief im Sand und schläft. Und
nachts tut es nichts anderes, als Sand zu fressen.“
„Wieso ist dann noch Sand in
meinem Sandkasten übrig?“, will Amos wissen.
„Das kann ich dir erklären. Weil
das Sandmonster gar keinen Sand aus deinem Sandkasten nötig hat. Es lauert
nämlich auf Sandmänner. Und sobald einer vorbeikommt, springt es hervor,
schnappt sich den Sandsack und frisst den ganzen Sand darin auf.“
„Jetzt kapiere ich!“, ruft Amos.
„Deshalb war noch nie ein Sandmann an meinem Bett!“
„Genau. Wozu soll er mit einem
leeren Sandsack an deinem Bett aufkreuzen? Das macht keinen Sinn.“
„Ich möchte das Sandmonster mal
sehen“, ruft Amos. „Hilfst du mir morgen beim Buddeln?“
„Das brauchen wir gar nicht erst
zu versuchen“, erwidert Herr Baldur. „Ein Sandmonster kann man nicht finden. Es
versteckt sich gut, und es entwischt immer im letzten Augenblick.“
„Schade. Aber ich bin froh, dass
in meinem Sandkasten ein Sandmonster wohnt.“
Amos setzt sich auf. „Weißt du,
was ich am liebsten sein möchte?“, sagt er. „Ein Cremehütchen-Monster. Dann
könnte ich den ganzen Tag Cremehütchen essen.“
Herr Baldur lacht. „Könntest du
dich damit abfinden, ein Pfefferminzkügelchen-Monster zu sein?“, erkundigt er
sich.
Amos denkt, dass er das
kann.
Herr Baldur gibt ihm drei aus
der Dose in seiner Hosentasche und nimmt sich selbst auch drei. Sie lutschen
gemeinsam, und als die Pfefferminzkügelchen aufgelutscht sind, sagt Herr Baldur
Amos endgültig gute Nacht. „Schlaf gut, du kleines Monster!“, wünscht er.
Amos denkt noch ein Weilchen an
den Sandmann und das Sandmonster, dann schläft er ruhig ein.
Eva Markert lebt in Ratingen bei Düsseldorf. Von Beruf ist sie
Studienrätin mit den Fächern Englisch und Französisch. Außerdem besitzt
sie ein Zertifikat für Deutsch als Fremdsprache und ist staatlich
geprüfte Übersetzerin. In ihrer Freizeit arbeitete sie viele Jahre als
Lektorin und Korrektorin in einem kleinen Verlag mit.
Zahlreiche Kurzgeschichten und Kindergeschichten von Eva Markert wurden in verschiedenen Hör- und Printmedien veröffentlicht. Ihre Kinder- und Jugendbücher sowie Romane und Kurzgeschichtensammlungen für Erwachsene sind bei Amazon und anderen Händlern erhältlich.
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