Leseproben für kleine Schmökerratten
- Kinderbücher von Indie-Autoren

Dienstag, 21. Januar 2014

Planet Gorsian von K. A. Winter




Im Jahr 2096 reist der elfjährige Milas mit seinen Eltern zu dem neu entdeckten Planeten Gorsian, der 19.000 Lichtjahre von der Erde entfernt ist.

Milas ist alles andere als begeistert. Denn auf dem unwirtlichen Planeten leben nicht nur Menschen, sondern auch die Ureinwohner - die Gorsianer. Geheimnisvolle echsenartige Wesen, über die niemand so genau Bescheid weiß.

Nach kurzer Zeit trifft Milas auf einen dieser Außerirdischen. Doch dieses Treffen war nie vorgesehen...

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DIE ERDE 
23. JUNI 2096


Zwei Wochen nach meinem elften Geburtstag sagte mein Vater mir, dass wir die Erde verlassen müssten. Wir würden auf den neuen Planeten Gorsian-79 ziehen und dort in der Kolonie wohnen. Und das nicht irgendwann in ferner Zukunft, nein, schon in dieser Woche.
Ich wusste, dass das Leben auf Gorsian-79 total anders und um einiges schwerer werden würde als das Leben auf der Erde, aber was mich genau erwarten würde, darüber war ich mir nicht im Klaren. Mal abgesehen vom Ferienresort auf dem Mond war die Kolonie auf Gorsian-79 die erste menschliche Siedlung auf einem anderen Planeten.
Ich betrachtete meinen Computer, der nutzlos auf meinem Schreibtisch stand. Die letzte Überschwemmung hatte die Elektrizität in unserem Haus endgültig lahm gelegt und weil es Sommer war und die Tage lang, hatten meine Eltern beschlossen mit der Reparatur bis zum Herbst zu warten. Jetzt würde wohl nichts mehr repariert werden, jedenfalls nicht von meinen Eltern. Und wer würde schon in unserem Haus wohnen wollen, nachdem wir ausgezogen waren?
Unser Haus lag im Überschwemmungsbereich. Nach jedem Regenguss stand das Wasser bis zu den Knien in der unteren Etage und das meist für mehrere Wochen, bevor der Wasserspiegel wieder sank. Ich kann mich gar nicht mehr so genau daran erinnern, wann das Erdgeschoss das letzte Mal trocken war. Das muss noch vor meiner Einschulung gewesen sein und die ist schon einige Jahre her. Mein Vater versuchte immer, so gut es ging, die Schäden wieder zu beseitigen aber machen wir uns nichts vor. Allein in den letzten zehn Jahren war der Meeresspiegel um einige Zentimeter angestiegen und in den nächsten zehn Jahren würde unser Viertel wahrscheinlich vollständig im Wasser versinken. Meine Eltern verdienten nicht genug Geld, um in den oberen Stadtbereich umzuziehen, dort, wo es trocken war, und sie hatten auch keine Lizenz um ganz woanders hinzuziehen, außer nach Gorsian-79. Dort wo keiner hin wollte. Ich auch nicht.

„Sieh es mal so”, sagte mein Vater, während er auf meinem Bett saß und auf seine Schuhe blickte. „Auf Gorsian-79 haben alle die gleichen Chancen, wie in Amerika vor zweihundert Jahren. Vom Tellerwäscher zum Millionär. Das ist doch was.”
Ich betrachte sein dünnes Haar, das fast bis zu den Schultern reichte. Er sah mich nicht an. Wir wussten beide, dass er Blödsinn redete.
„Was ist mit den Gorsianern?”, fragte ich. Den Außerirdischen, den Monstern, fügte ich in Gedanken hinzu.
Mein Vater schwieg. Ich drehte meinen Kopf zum Fenster und sah auf die Straße. Das Brackwasser schlug in leisen Wellen an die Mauer des Hauses gegenüber. Unser Nachbar kämpfte sich durch die trübe Brühe. Seine grüne Gummihose reichte ihm bis zur Brust. Auf der linken Schulter balancierte er drei Balken. Hinter ihm ging mein Kumpel Rick. Er schleppte auch zwei Balken. Die beiden wollten ein Hochbett für Rick bauen, dass hatte er mir in der Schule erzählt. So dass seine Matratze nicht mehr bei jeder Überschwemmung nass werden würde. Die beiden führten ein richtiges Männerleben. Ricks Mutter war schon lange getürmt.
Mein Vater seufzte. „Mach es uns doch nicht so schwer, Milas.” Er blickte mich mit müden Augen an. „Wir werden in den Kuppeln leben und von den Gorsianern gar nichts zu sehen bekommen.”
„Was sagt Mama dazu?”
„Sie freut sich. Sie ist schon beim Packen.”
Er log. Er log wie gedruckt. So wie man es macht, wenn man verzweifelt ist und keine andere Wahl hat.



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