Im Jahr 2096 reist der elfjährige Milas mit seinen
Eltern zu dem neu entdeckten Planeten Gorsian, der 19.000 Lichtjahre von der
Erde entfernt ist.
Milas ist alles andere als begeistert. Denn auf
dem unwirtlichen Planeten leben nicht nur Menschen, sondern auch die
Ureinwohner - die Gorsianer. Geheimnisvolle echsenartige Wesen, über die
niemand so genau Bescheid weiß.
Nach kurzer Zeit trifft Milas auf einen dieser
Außerirdischen. Doch dieses Treffen war nie vorgesehen...
DIE ERDE
23. JUNI 2096
Zwei Wochen nach meinem elften Geburtstag sagte mein
Vater mir, dass wir die Erde verlassen müssten. Wir würden auf den neuen
Planeten Gorsian-79 ziehen und dort in der Kolonie wohnen. Und das nicht
irgendwann in ferner Zukunft, nein, schon in dieser Woche.
Ich wusste, dass das Leben auf Gorsian-79 total anders
und um einiges schwerer werden würde als das Leben auf der Erde, aber was mich
genau erwarten würde, darüber war ich mir nicht im Klaren. Mal abgesehen vom
Ferienresort auf dem Mond war die Kolonie auf Gorsian-79 die erste menschliche
Siedlung auf einem anderen Planeten.
Ich betrachtete meinen Computer, der nutzlos auf meinem
Schreibtisch stand. Die letzte Überschwemmung hatte die Elektrizität in unserem
Haus endgültig lahm gelegt und weil es Sommer war und die Tage lang, hatten
meine Eltern beschlossen mit der Reparatur bis zum Herbst zu warten. Jetzt
würde wohl nichts mehr repariert werden, jedenfalls nicht von meinen Eltern.
Und wer würde schon in unserem Haus wohnen wollen, nachdem wir ausgezogen
waren?
Unser Haus lag im Überschwemmungsbereich. Nach jedem
Regenguss stand das Wasser bis zu den Knien in der unteren Etage und das meist
für mehrere Wochen, bevor der Wasserspiegel wieder sank. Ich kann mich gar
nicht mehr so genau daran erinnern, wann das Erdgeschoss das letzte Mal trocken
war. Das muss noch vor meiner Einschulung gewesen sein und die ist schon einige
Jahre her. Mein Vater versuchte immer, so gut es ging, die Schäden wieder zu
beseitigen aber machen wir uns nichts vor. Allein in den letzten zehn Jahren
war der Meeresspiegel um einige Zentimeter angestiegen und in den nächsten zehn
Jahren würde unser Viertel wahrscheinlich vollständig im Wasser versinken.
Meine Eltern verdienten nicht genug Geld, um in den oberen Stadtbereich
umzuziehen, dort, wo es trocken war, und sie hatten auch keine Lizenz um ganz
woanders hinzuziehen, außer nach Gorsian-79. Dort wo keiner hin wollte. Ich
auch nicht.
„Sieh es mal so”, sagte mein Vater, während er auf meinem
Bett saß und auf seine Schuhe blickte. „Auf Gorsian-79 haben alle die gleichen
Chancen, wie in Amerika vor zweihundert Jahren. Vom Tellerwäscher zum
Millionär. Das ist doch was.”
Ich betrachte sein dünnes Haar, das fast bis zu den
Schultern reichte. Er sah mich nicht an. Wir wussten beide, dass er Blödsinn
redete.
„Was ist mit den Gorsianern?”, fragte ich. Den
Außerirdischen, den Monstern, fügte ich in Gedanken hinzu.
Mein Vater schwieg. Ich drehte meinen Kopf zum Fenster
und sah auf die Straße. Das Brackwasser schlug in leisen Wellen an die Mauer
des Hauses gegenüber. Unser Nachbar kämpfte sich durch die trübe Brühe. Seine
grüne Gummihose reichte ihm bis zur Brust. Auf der linken Schulter balancierte
er drei Balken. Hinter ihm ging mein Kumpel Rick. Er schleppte auch zwei
Balken. Die beiden wollten ein Hochbett für Rick bauen, dass hatte er mir in
der Schule erzählt. So dass seine Matratze nicht mehr bei jeder Überschwemmung
nass werden würde. Die beiden führten ein richtiges Männerleben. Ricks Mutter
war schon lange getürmt.
Mein Vater seufzte. „Mach es uns doch nicht so schwer,
Milas.” Er blickte mich mit müden Augen an. „Wir werden in den Kuppeln leben
und von den Gorsianern gar nichts zu sehen bekommen.”
„Was sagt Mama dazu?”
„Sie freut sich. Sie ist schon beim Packen.”
Er log. Er log wie gedruckt. So wie man es macht, wenn
man verzweifelt ist und keine andere Wahl hat.
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