Leseproben für kleine Schmökerratten
- Kinderbücher von Indie-Autoren

Freitag, 28. August 2015

Die Kichererbsen stellen die Bankräuber, Teil 1 von Marianne Christmann


Klappentext zu ‚Die Kichererbsen stellen die Bankräuber, 
Teil 1:

Die Kichererbsen – das sind die Siebtklässlerinnen Tina, Anne, Lena und Sara. Vier Freundinnen, die zusammenhalten wie Pech und Schwefel, eine alte Grillhütte im Wald als Klubhaus benutzen und für ihr Leben gerne Kriminalfälle lösen.
Als in ihrem kleinen Städtchen eine Bank überfallen wird, sind die vier sofort zur Stelle, um den Kriminalbeamten – ob die wollen oder nicht – hilfreich zur Seite zu stehen. Doch ganz so einfach, wie die Mädchen sich das  vorgestellt haben, ist es nun auch wieder nicht, die ‚schweren Jungs‘ zur Strecke zu bringen …
 Erhältlich bei als E-Book bei Amazon, Thalia, bücher.de, Weltbild, Hugendubel
 und als Taschenbuch.

Leseprobe zu Teil 1:

Die Mädchen hatten den Wald erreicht. Mit ihren Taschenlampen beleuchteten sie den Weg, um nicht zu stolpern, obwohl es noch nicht vollkommen dunkel war. Tina sah sich ständig ängstlich um.
„Was hat da eben geraschelt?“, fragte sie und spähte angestrengt ins Gebüsch.
„Vielleicht ein Kaninchen“, antwortete Lena.
„Die schlafen doch nachts, oder? Gibt es hier eigentlich Ratten? Oder Spinnen?“ Leise Panik war in Tinas Stimme zu hören.
Zögernd ging sie weiter und sah sich dabei nach allen Seiten um. Sie glaubte, überall Geräusche zu hören und erwartete, dass gleich eine schwarze Gestalt aus der Dunkelheit kam, um sie zu erschrecken. Eine Eule schuhute und Tina fuhr erschrocken zusammen. Wieder schaute sie umher, dabei stolperte sie über eine Wurzel und wäre beinahe gestürzt. Sie konnte sich gerade noch an Sara festhalten. Diese nahm sie bei der Hand und zog sie weiter.
„Psst, nicht so laut, sonst hören sie uns noch“, sagte Anne, die angestrengt in die Ferne lauschte. Ihr Schluckauf war inzwischen vorbei, was auch gut war.
Als sie fast die Stelle erreicht hatten, blieben sie stehen und lauschten. Da waren Stimmen! Die Gangster! Die waren tatsächlich schon da. Die Mädchen schlichen sich etwas seitlich heran und schauten vorsichtig hinter einem Busch hervor. Ja, drei Gestalten gruben die Säcke und Kassetten aus. Im Dämmerlicht konnten die Mädchen die drei Männer vom Nachmittag erkennen. Jetzt wurde ihnen doch etwas beklommen zumute.
„Puh, wie unheimlich hier“, hörten die Mädchen den Mann sagen, der Kalle genannt wurde, „hoffentlich sind wir bald fertig und können abhauen.“ Seine Kumpane lachten. Aber es klang nicht sehr überzeugend.
„Ich bin auch dafür, dass wir die Sache schnell beenden und machen, dass wir wegkommen“, ließ sich Detlef vernehmen, „es ist wirklich nicht sehr angenehm hier.“
Die drei Männer hatten die Säcke und Kassetten ausgegraben und begannen nun, sie zum Auto zu transportieren, das, wie die Mädchen erst jetzt bemerkten, nur einen Steinwurf weit entfernt stand. Durch die schwarze Farbe war es von seiner Umgebung fast nicht zu unterscheiden. Dabei kamen die Männer ziemlich dicht an dem Busch vorbei, hinter dem die Mädchen kauerten. Sie waren so nahe, dass sie ihren Atem hören konnten. Wie erstarrt saßen sie da und wagten nicht, sich zu rühren. Die Männer wandten sich dem Auto zu und verluden die Gegenstände. Erleichtert atmeten die Mädchen auf.
„Und was machen wir jetzt?“, wisperte Lena, „wir müssen sie irgendwie aufhalten. Sie sind jeden Moment fertig und dann fahren sie weg.“
Die Mädchen sahen sich ein wenig ratlos an. „Ich könnte mich hinschleichen und ihnen die Luft aus den Reifen lassen“, schlug Sara leise vor.
„Die sehen dich dann aber“, entgegnete Lena und machte ein besorgtes Gesicht.
„Das ist viel zu gefährlich“, meinte auch Anne.
„Ihr könnt sie ja ablenken, damit sie mich nicht bemerken.“
Anne und Lena schüttelten den Kopf. „Wir sind zwar zu viert, können es aber trotzdem nicht mit den dreien aufnehmen“, sagte Lena realistisch.
„Und wenn wir die Polizei anrufen und sagen, dass sie sofort kommen sollen? Es gibt nur diesen einen Weg zurück in die Stadt und die Polizei könnte sie abfangen“, meinte Sara.
„Wenn wir jetzt telefonieren, dann hören sie uns“, erwiderte Anne, „außerdem weiß ich nicht, ob wir hier im Wald überhaupt Empfang haben.“
„Oh, das hab ich nicht bedacht“. Sara dachte angestrengt nach.
„Moment“, sagte Tina und bewegte sich ein wenig. Sie wollte ihr Gewicht etwas verlagern, da ihr ein Bein eingeschlafen war, rutschte aber auf dem Waldboden, der hier ziemlich abschüssig war, aus, blieb dabei an einer langen Wurzel hängen und stieß vor Schreck einen Schrei aus, als sie den Abhang hinunterkullerte.
Dort blieb sie erst einmal einen Augenblick regungslos liegen und lauschte, was oben geschah. Hatten die Gangster sie gesehen oder bemerkt?

Autorenvita:

Mein Name ist Marianne Christmann, ich wurde am 10. September 1958 in Weinheim/Bergstr. geboren, wo ich auch aufgewachsen bin.
Nach Abschluss des Gymnasiums machte ich an der Mannheimer Akademie meine Ausbildung zur Europasekretärin. Danach war ich in verschiedenen Firmen als Fremdsprachensekretärin und Übersetzerin tätig.
Heute lebe ich mit noch einem meiner vier Kinder und meinem Hund im Odenwald.
2009 begann ich mein Fernstudium an der Schule des Schreibens in Hamburg. Dieses schloss ich 2012 erfolgreich ab.
Mein erstes Buch Die Kichererbsen stellen die Bankräuber, ein Kinderkrimi für die Altersgruppe 8 – 11 Jahre, erschien im November 2014.
Mein zweites Buch Die Kichererbsen und die Entführer folgte kurz darauf, im Dezember 2014.
Anfang Februar 2015 erschien Reise ins Feenland, eine Fantasy-Geschichte für Kinder, ebenfalls für die Altersgruppe 8 – 11 Jahre.
Im Frühjahr 2015 wurde der dritte Teil der Kichererbsen-Reihe Die Kichererbsen jagen die Wilddiebe veröffentlicht.

Nähere Infos auf meiner homepage




Dienstag, 25. August 2015

HILFE, BERNHARDINER GEERBT! von Brigitte Endres



Tierarztpraxis Bärental/Band 1

Klappentext:
Durch ein Erbe kommt Familie Vogelsang sehr überraschend auf den Hund. Doch nicht genug damit. Neben dem Bernhardiner Bernhard und der resoluten Haushälterin Mathilde, hat Dr. Vogelsang auch noch eine Tierarztpraxis in Bärental geerbt. Außer Linchen, der Jüngsten, ist keiner der Vogelsangs davon begeistert, von der Stadt aufs Land ziehen zu müssen. Vor allem Antonia und Felix hadern schwer damit. Was die Vogelsangs in Bärental erwartet, und wie sie sich allmählich mit den Herausforderungen ihres neuen Lebens anfreunden, erzählt dieser turbulente erste Band der Reihe, in dem es viel zu lachen gibt.

Eine warmherzige Geschichte um „tierische“ und menschliche Probleme.
Für Tierfreunde ab 8 Jahren


Link zum E-Buch:
Das Buch erschien in der Erstauflage im Herder-Verlag und ist bereits vergriffen. Jetzt ist es als Kindle-Ebook wieder zu haben.


Leseprobe:
(Kaum in Bärental angekommen, wird Dr. Vogelsang schon gebraucht. Mathilde und Linchen begleiten ihn.)

Als der Jeep auf den Hof rollte, raste ihnen, aus Leibeskräften kläffend, ein halbhoher Mischlingshund entgegen.
Mathilde griff nach einer großen braunen Tasche und stieg aus. „Ist ja gut! Bist ein prima Hofwächter, Zottl!“, lobte sie den Hund. Zottl hörte sofort auf zu bellen und begrüßte sie freudig.
Linchen sprang entzückt aus dem Auto. Das war ja ein echter Bauernhof, genau wie in ihrem Bilderbuch! Hühner pickten unter einem Apfelbaum, eine Katze strich am Haus entlang. Die Stalltür stand offen, süßlicher Stallgeruch erfüllte die Luft.
Ein kleiner kräftiger, sonnengebräunter Mann erschien im Türrahmen. „Gut, dass ihr gleich gekommen seid, Mathilde“, sagte er erleichtert und reichte dann Dr. Vogelsang die Hand. „Und Sie sind also der neue Doktor?“
Herr Vogelsang nickte beklommen, während er den herzlichen Händedruck Haslers entgegen nahm.
„Die Babsi plagt sich jetzt schon über eine Stunde mit den Presswehen“, sagte der Bauer, „aber sie kommt einfach nicht weiter.“
Er ging voran. In einer Box lag auf einer sauberen Strohschüttung eine hübsche braune Kuh. Ein kleiner Junge, etwa in Linchens Alter, kauerte hinter ihr und hielt ihren Schwanz hoch.
Mathilde stellte die Tasche ab. „Na Maxl, hilfst du der Babsi?“
„Die Füße haben schon rausgeschaut, aber dann sind sie wieder reingeschlüpft“, antwortete der Kleine.
„Das Problem ist, das Kalb ist recht groß“, erklärte Bauer Hasler. „Wenn’s nicht ihr erstes wär, würd ich’s ja selber holen. Aber mir ist schon lieber, wenn Sie das machen Doktor.“
In diesem Moment ging eine gewaltige Anspannung durch den Körper der Kuh, ihre Flanken zitterten. Für einen Moment konnte man tatsächlich die Vorderbeine des Kälbchens sehen.
Linchen staunte. „Unterm Schwanz kommt das Kalb raus?“
Der kleine Maxl bemerkte Linchen erst jetzt. Er grinste. „Wo denn sonst?“
„Also, mein …“, Mathilde stockte, „mein Dr. Vogelsang. Was schlägst du vor?“
Herr Vogelsang hatte die ganze Zeit fieberhaft überlegt, was er über Zughilfe beim Kalben gelernt hatte.
„Zugbänder um die Mittelhand und dann mit den Wehen ziehen“, antwortete er.
„So und nicht anders!“, sagte Mathilde zufrieden und kramte geschäftig die Zugbänder aus der Tasche.
Maxl machte den beiden Platz, und stellte sich neben Linchen. Neugierig beäugten sich die Kinder.
Mathilde und Dr. Vogelsang warteten auf die nächste Wehe, dann schlangen sie die Bänder um die Fesselgelenke des Kalbes. Der Leib der Kuh presste sich mit aller Kraft zusammen.
„Jetzt!“, rief Mathilde.
Beide zogen an. Für einen Moment erschien das Maul des Kalbes. Doch als die Wehe vorbei war, rutschte es wieder zurück. Einige Male ging das so. Endlich drang der Kopf mit den Vorderbeinen durch.
„Komm Babsi, mach zu!“, ermunterte Mathilde das Muttertier. „Jetzt hast du’s gleich!“
Durch die Kuh ging ein Ruck, sie presste noch einmal ordentlich. Mathilde und Dr. Vogelsang zogen wieder an – und der restliche Körper des Kälbchens flutschte heraus. Erschöpft sah sich Babsi nach ihrem Kind um. Ganz nass vom Fruchtwasser und fast leblos lag es da.
„Ui, ist das süß!“, rief Linchen.
Mathilde strich mit einer geübten Handbewegung über die Nase des Kleinen, um die Nasenlöcher vom Schleim zu befreien. Dann massierte sie mit einem Bündel Stroh den Brustkorb des Kalbes.
„Warum machst du das?“, fragte Linchen.
„Damit sein Kreislauf in Gang kommt“, erklärte ihr Mathilde.
Inzwischen hatte der Bauer eine große Schüssel Wasser für Babsi geholt. Gierig trank sie alles aus. Dann schleppte er das Kalb vor zum Kopf seiner Mutter. Babsi betrachtete es verwundert, so, als könne sie selbst kaum glauben, dass dieses niedliche Kälbchen ihr eigenes war. Sie begann, es trocken zu lecken. Dabei muhte sie, dunkel und samten, mal lauter, mal leiser. Das Junge hob den Kopf und sah sie vertrauensvoll an. Es wusste jetzt, wie das Muh seiner Mutter klang, es würde ihre Stimme unter tausend anderen heraushören.
Niemand im Stall sagte ein Wort. Es lag etwas Feierliches, Berührendes in diesem Augenblick. Linchen starrte, den Finger in der Nase, fasziniert auf das Mutterglück. Sie verstand, ohne dass man ihr das sagen musste, dass man die beiden jetzt nicht stören durfte.
„Papsili, darf ich das Kälbchen morgen besuchen?“, flüsterte sie Dr. Vogelsang zu.
„Au ja“, rief Maxl freudestrahlend. „Und dann spielen wir zusammen.“ ...

Vita:
Brigitte Endres hat Grundschulpädagogik, Germanistik und Geschichte studiert. Heute arbeitet sie als Kinderbuchautorin für Verlage in Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie für den Bayerischen Rundfunk. Ihre Bücher wurden in viele verschiedene Sprachen übersetzt.  www.brigitte-endres.de

  

Freitag, 21. August 2015

Schwanenkind von R.D.V. Heldt



Klappentext

Seetonia im Mittelalter.
Nach dem Tod der Königin im Wochenbett, schenkte König Kaltan
seine ganze Liebe und Aufmerksamkeit seinem Sohn Kilan und
bemerkte nicht, zu welchem Tyrannen dieser sich entwickelte.
Alle am Hofe waren seinen Launen ausgeliefert und er bekam mit
seinen Lügen vom König immer Recht.
Besonders betroffen war der Zauberer Hokastus, dem Kilan so übel
mitspielte, dass er nur durch die Flucht aus dem Schloss einer
Bestrafung entging.
Als der König auf mysteriöse Weise verstarb, gab Kilan der Heilerin
Eldegard die Schuld und verurteilte sie zum Tode. Auf dem
Marktplatz sollte sie als Hexe verbrannt werden.
Kilans Ruf eilte ihm immer voraus und kein Herrscher der
benachbarten Königreiche, wollte ihm seine Tochter zur Frau geben.
Er lernte Mirjana kennen, die ihm kurz nach der Heirat einen Sohn
schenkte. In ihm sah Kilan einen Rivalen, der verschwinden musste.
 Erhältlich als E-Book und Taschenbuch bei Amazon und in allen großen Buchshops.

Leseprobe


1

Es begab sich zu der Zeit, als König Kaltan über Seetonia herrschte. Er war ein gütiger und gnädiger König, dem das Wohl seiner Untertanen sehr am Herzen lag.
Das Land war ein reiches Land und bot den Menschen alles, um ihnen ein unbeschwertes Leben zu ermöglichen. Es verfügte über Bodenschätze, wie Gold, Silber und Erz, hatte fruchtbare Böden, auf denen alles gedieh und eine Landschaft, die man sich schöner nicht vorstellen konnte. Neben Berge, weiten Tälern und grünen Auen, gab es einen wunderschönen See, auf dem prächtige Schwäne lebten.
Die Seetonianer waren ein glückliches und zufriedenes Volk, obwohl sie den größten Ertrag ihrer Arbeit an den König abgeben mussten, da das gesamte Land der Krone gehörte und sie Böden, Ländereien oder Minen nur zur Bearbeitung überlassen bekamen. Jede Familie erhielt, entsprechend ihren Fähigkeiten, ein Stück Land zugewiesen, auf dem sie sich Häuser bauen, Tiere halten oder Äcker bewirtschaften konnten. Der Anteil, den ihnen König Kaltan aus ihren Erträgen überließ, reichte völlig aus, um gut zu leben und sogar untereinander Handel zu betreiben. Die Häuser bauten sie aus Lehm und in vielen war es urgemütlich. Ein großer Kamin sorgte im Winter für behagliche Wärme und ganzjährig diente eine Feuerstelle dazu, reichhaltige Mahlzeiten zuzubereiten. Niemand musste Hunger erleiden und alle waren versorgt. Dafür liebten und verehrten sie ihren König, für den sie mit Freude arbeiteten.
Kaltan schätzte die Menschen, die ihm seinen Wohlstand bescherten und war immer darauf bedacht, dass auch sie zufrieden waren. Es kam auch vor, dass er sie aufsuchte, gemeinsam mit ihnen am Kamin saß und sich über ihr Befinden erkundigte.
Wenn er aber die totale Entspannung suchte und dem ganzen Trubel im Schloss entrinnen wollte, ließ er sich ein Pferd satteln und ritt zum See. Hier konnte er abschalten, saß stundenlang am Ufer, blickte zu den Felsen, die den halben See einrahmten und von deren Höhen Wasserfälle herab plätscherten, aber auch zu dem dichten Wald, der den restlichen See umgab und aus dessen Baumkronen die verschiedensten Vögel ihren Gesang anstimmten. Direkt am Uferrand befanden sich ausgedehnte Flächen, die mit Schilf bewachsen waren und in den See ragten. Dort quakten Frösche und Libellen schwirrten von Halm zu Halm.
Doch am meisten beeindruckten ihn die Schwäne, die majestätisch auf dem See schwammen. Mit ihnen fühlte er eine Verbundenheit, die er nicht beschreiben konnte. Der Höhepunkt aber war, wenn diese weißen Vögel zu ihm ans Ufer kamen und aus seiner Hand das mitgebrachte Brot fraßen, welches er ihnen in kleinen Stücken reichte. Hierbei vergaß er Zeit und Raum und auch die Trauer, die er immer noch im Herzen trug, seit seine Gemahlin, nach der Geburt seines Sohnes Kilan, im Wochenbett verstorben war. Zwei Tage und Nächte verbrachte er damals an ihrem Totenbett, bevor er sich von seiner Frau verabschieden konnte. Da sprach er zu ihr:
„Meine geliebte Königin, du hast mich verlassen und im Moment weiß ich nicht, wie ich ohne dich weiterleben soll. Doch hast du mir einen Sohn geschenkt, der aus unserer Liebe entstand. Für ihn will ich stark sein und sorgen. In ihm lebst du weiter und die Liebe, die ich für dich empfinde, werde ich ihm geben.
Ruhe nun in Frieden, meine geliebte Frau. Ich erwarte den Tag, an dem wir wieder vereint sind.“
Ein letztes Mal küsste er seine Gemahlin und verließ den Raum.
Damals fiel er in ein tiefes Loch. Nicht nur, dass er seine Frau verloren hatte, musste er nun Mutter und Vater für ein neugeborenes  Kind sein. Dieser Knabe war die Verbindung zu seiner verstorbenen Frau und er wollte sich an das Versprechen, welches er ihr beim Abschied gegeben hatte, nämlich alles für ihn zu tun und es ihm an nichts fehlen zu lassen, halten. Dieser Wille half ihm, wieder neue Lebenskraft zu schöpfen.



2

Kilan wurde von Kinderfrauen betreut und der König achtete ganz gewissenhaft darauf, dass er stets gut versorgt und ihm jeder Wunsch erfüllt wurde.

Schon als Kleinkind rebellierte Kilan und schikanierte seine „Ersatzmütter“. Er bekam regelrechte Wutausbrüche, wobei er die Kinderfrauen biss und nach ihnen trat, wenn sie nicht sogleich seinen Wünschen entsprachen. Folglich hielt es keine länger am Hof aus und es wurde immer schwieriger, Ersatz zu bekommen.
Der König schenkte dem keine große Bedeutung, für ihn trugen immer die anderen die Schuld, aber niemals sein Sohn, den er so liebte. Er ließ Kilan alles durchgehen und dachte, ihm so den Verlust der Mutter erträglicher zu machen. Dass dieser aber überhaupt nicht an seine Mutter dachte, weil er sie niemals kennengelernt hatte, kam dem König nicht in den Sinn. Er verwarf sogar den Gedanken, sich eine neue Frau an seine Seite zu holen, obwohl sich Gelegenheiten dazu boten. Kilan war ihm wichtiger und sollte keine Stiefmutter bekommen.

Durch diese übertriebene Liebe und falsche Rücksichtnahme bemerkte König Kaltan nicht, welch grausamer Charakter hier heranwuchs.

Am Hofe lebte auch ein Zauberer und Hellseher, namens Hokastus.
Bei der Geburt des Prinzen schaute er in seine Kristallkugel und erkannte schon da, dass dieses Kind viel Unheil über das Königshaus bringen würde, was sich inzwischen auch schon angedeutet hatte. Doch alle Warnungen wollte der König nicht hören und Hokastus Worten wurde kein Glauben geschenkt.
Durch Magie konnte der Zauberer Pflanzen beeinflussen und mit Tieren sprechen.

Als Kilan fünf Jahre alt war, sollte er nach dem Willen seines Vaters Reitstunden nehmen, damit er einmal die königliche Reitergarde anführen konnte. Der Zauberer wurde in den Stall gerufen, weil des Prinzen Pferd scheute und sich aufbäumte, wenn Kilan aufsitzen wollte.
„Horsis korranza“, sprach Hokastus zum Pferd und erfuhr, dass der Prinz Kletten unter dem Sattel angebracht hatte, die dem Pferd Schmerzen bereiteten, sobald Druck auf den Sattel ausgeübt wurde.
„Hoheit“, sprach Hokastus den Prinzen an,
„habt Ihr etwas getan, was dieses Verhalten Eures Pferdes auslöst?“
„Dieser Gaul ist nicht würdig von mir geritten zu werden. Ich werde meinen Vater bitten, ihn zur Schlachtbank bringen zu lassen.“ Sprach es und verließ den Stall.
Hokastus war entsetzt, wusste aber, dass der König der Bitte seines Sohnes nachkommen würde. Noch am Abend führte er darum das Pferd weit weg vom Schloss und brachte es zu einer Gruppe Wildpferde. Hier konnte es in Freiheit weiterleben.



3

Ebenfalls im Schloss lebte die Heilerin Eldegard. Sie arbeitete ausschließlich mit Pflanzen und Kräutern, aus denen sie Salben und Tinkturen herstellte, womit sie schon vielen Kranken helfen konnte. Auch den Prinzen hatte sie behandelt, als dieser einmal hohes Fieber hatte. Der König war ihr sehr dankbar, achtete sie und sie genoss seine Gunst.
Mit Hokastus verband sie eine innige Freundschaft, da er ihr oft bei der Beschaffung von seltenen Pflanzen behilflich war und sie sich auch sonst gut verstanden. Oft sprach er mit ihr über die Intrigen des Prinzen gegen ihn und wie er die Tiere quälte.
So kam er eines Tages in seinen Raum, in dem sich sein Kater Tiberius befand und sah, wie Kilan, der sich in das Zimmer geschlichen hatte, ihn am Schwanz zog. Als Tiberius sich wehrte, den Prinzen anfauchte und ihn kratzen wollte, nahm dieser ein Messer vom Tisch und schnitt dem Kater die Schwanzspitze ab, sodass dieser laut jaulte. Als Hokastus Kilan darauf ansprach, lächelte er nur und ging hinaus.
Der Zauberer berichtete dem König von diesem grausamen Vorfall. Als Kaltan seinen Sohn zur Rede stellte, leugnete dieser unter Tränen alles, spielte das sensible, falsch beschuldigte Kind, das keinem ein Leid zufügen konnte. Am Ende sollte der Zauberer wegen Verleumdung des Prinzen bestraft werden.

Mit Hilfe von Eldegard und einem Zaubertrank konnte Hokastus fliehen. Er ging tief in den Wald am See hinein und um sicher zu sein, belegte er die Bäume mit einem Zauber. Er sprach:
„Windus hinabsux hominemsis extremus.“
Sollte nun jemand versuchen in den Wald zu gelangen, fingen die großen Bäume an zu schwingen und lange Wurzeln, die aus dem Boden kamen, fesselten den Eindringling, für den es kein Entkommen gab. Von da an hieß dieser Teil des Waldes der Schwarze Wald, den niemand mehr betrat.

Der Zauberer war geschützt und hatte seine Ruhe gefunden. Nach und nach errichtete er sich eine Holzhütte, die ihn vor Kälte und Nässe schützte und er ernährte sich von den Gaben der Natur. Fühlte er Einsamkeit in sich aufsteigen, ging er zu den Schwänen. Durch den Zauberspruch „Fiderus sparaxus“ konnte er mit ihnen reden und die Einsamkeit verschwand.
Eines Tages reichte es ihm nicht aus, nur mit ihnen sprechen zu können, er wollte einer von ihnen sein. So sprach er einen weiteren Zauber aus und verwandelte sich in einen Schwan. Nun konnte er mit der Gruppe unerkannt auf dem See schwimmen und erhielt ein Stück mehr Freiheit zurück. Am Abend wurde er aber immer wieder Hokastus, der Zauberer.

Zu Eldegard hielt er auch noch immer Kontakt. Wenn er ihr eine Nachricht zukommen lassen wollte, bat er eine Taube, ihr einen Zettel mit seiner Botschaft zu bringen. Das kleine Briefchen rollte er dann zusammen, befestigte es an einem Taubenfuß und schickte sie damit auf die Reise. Die Taube blieb so lange bei Eldegard in einem Käfig, bis sie Hokastus auf die gleiche Weise eine Mitteilung zukommen ließ. So war Hokastus stets über alle Vorkommnisse im Schloss informiert.
Regelmäßig befragte er seine Kristallkugel und seine Empfindungen, die Zukunft betreffend, wurden immer düsterer. Was genau kommen würde, konnte er nicht sagen, da er es nicht in seinem Umfeld spüren konnte und die Menschen, die es betraf, weit entfernt waren, aber er wusste, dass etwas Schlimmes auf sie zukam. Darum bat er Eldegard in seiner nächsten Nachricht um größte Vorsicht. Das seine Vorahnung Eldegard so direkt betreffen würde, ahnten sie nicht.

Immer öfter kam der König an den See, um die Schwäne zu füttern. Auch Hokastus war unter ihnen und damit Kaltan immer sehr nah. Stark spürte er die Verzweiflung seines Königs, der traurig und stumm am Ufer saß. Eines Tages jedoch blieb er nicht stumm und musste irgendwo los werden, was ihn so bedrückte. Mit steinerner Mine sprach er zu seinen gefiederten Freunden:
„Ich habe in allem versagt und vielen Menschen Unrecht getan. Alles nur, weil ich ein guter Vater sein wollte und alles glaubte, was Kilan mir sagte. Heute weiß ich, dass er oft gelogen hat. Er wird immer fordernder und aufsässiger. Niemals habe ich gedacht, dass mein Fleisch und Blut so schlecht werden kann. Die Bediensteten im Schloss haben alle Angst vor ihm und auch mir gegenüber wird er immer respektloser. Ich weiß mir keinen Rat mehr.“
In Gedanken versunken verharrte Kaltan noch einen Augenblick, stand dann auf, bestieg sein Pferd und ritt davon.
Dies war für Hokastus eine Bestätigung mehr, dass sein Gefühl ihn nicht täuschte und in naher Zukunft etwas passieren würde.
 *



Rita Heldt wurde 1954 in Niedersachsen geboren. Ihre Liebe zur Schriftstellerei entdeckte sie bereits in jungen Jahren, indem sie kleine Gedichte und Geschichten schrieb. Sie machte eine Ausbildung zur Bürokauffrau und arbeitete als Personalsachbearbeiterin und Mitarbeiterbetreuerin. 1980 lernte sie ihren jetzigen Mann kennen und ging mit ihm von Niedersachsen nach Bayern.
Dort entstand auch die Idee zu ihrem ersten Buch „ Kai – Der Auserwählte“. Eine Kinderfantasie – Geschichte, ganz ohne Gewalt und mit vielen fantasieanregenden Kapiteln für Kinder ab 8 Jahren. Dieses Buch wurde im Jahr 2011 veröffentlicht.

Nach vielen Jahren konnte sie ihren Schicksalsroman „Tränen gibt es überall“ endlich fertigstellen und somit ein weiteres Kapitel ihrer schriftstellerischen Laufbahn beenden. Hinzu kamen noch
 „Das große Kinderkochbuch“,
 „Die Kinder-Weihnachtsbackstube“,
 „Studentenkochbuch“,
„Klecksbild“ Kriminalroman
“Schwanenkind“  Ihr neuestes Werk , eine Geschichte aus dem Königreich Seetonia

Auch zwei Hörbücher hat sie eingesprochen. Da sie ihre Freude am geschriebenen Wort nie verloren hat, ist sie weiterhin bestrebt, gute und einfühlsame Literatur zu schreiben und ist schon jetzt gespannt, welche neuen Ideen sich entwickeln werden, welche sie mit Freude zu Papier bringen kann.
Ihre Bücher sind in allen großen E-Book Shops vertreten, mit Ausnahme der Printausgaben, die nur auf Amazon.de und Amazon.com zu beziehen sind!
Ihr Schicksalsroman “Tränen gibt es überall” wurde auch ins Englische übersetzt unter dem Titel “Karina: ‘Blood, sweat and tears’ ”