Leseproben für kleine Schmökerratten
- Kinderbücher von Indie-Autoren

Montag, 30. Januar 2012

Kork von Annemarie Nikolaus


Magische Geschichten

Eine kleine Zauberin, ein magiebegabtes Häschen, ein Wassergeist und eine gute Hexe: Magie und Klugheit, Wirklichkeit und Legende verbinden sich in den vier Geschichten zum Schmunzeln und Nachdenken.

Eine Geschichte, in der es darauf ankommt, sich ganz genau zu überlegen, was man sich wünscht.

Zwei Geschichten, die von der Macht der Natur und der Gedankenlosigkeit der Menschen handeln.

Und ein Weihnachtsmärchen von etwas anderer Art.

"Der Bach" und "Kork" sind vor einigen Jahren in Anthologien der "Story-Olympiade" veröffentlicht worden; die Weihnachtsgeschichte in italienischer Sprache.

Kurzgeschichten nicht nur für Kinder.

Magische Geschichten sind im Amazon Kindle Shop, auf iTunes, bei Smashwords, Beam eBooks und für den NOOK erhältlich .

###


Kork

Tara lief mit dem Wind um die Wette. Sie flitzte den Hang hinauf und kletterte dann den ausgetrockneten Bachlauf empor. Erst als sie den Rand des Korkwalds erreicht hatte, blieb sie stehen und drehte sich um.
Nichts! Keine Bewegung, so weit ihr Blick reichte. Doch Zor würde kommen. Es konnte nur wenige Schattenlängen dauern, bis er mit seinen Holzfällern die Klamm durchquert hätte.
Sie reckte den Kopf. Der Dunst über dem Fluss verdichtete sich zu einer düsteren Nebelwand: Wenigstens diesen Zauber beherrschte sie noch. Tara setzte sich ins Gras und winkte dem Nebel mit den Vorderpfoten: In dichten Schwaden kroch er flussaufwärts zur Klamm hinüber; füllte sie bald völlig aus und verdeckte den schmalen Saumpfad. Ein Neigen der langen Ohren und auch das Tal war in undurchdringlichen Nebel gehüllt. Das sollte Zor eine Weile aufhalten.
Erleichtert wandte sie sich ab. Sie betete, er würde in irgendeine Schlucht stürzen. Aber sie wusste, er war zu vorsichtig. In diesem Nebel würde er nur so langsam weiterreiten, wie es der Instinkt seines Pferdes erlaubte.
Tara sprang in den Wald, zwischen wispernden Korkeichen hindurch. Sie liebte es, den Geschichten zu lauschen, die der Nachtwind ihnen zutrug. Aber jetzt durfte sie keine Zeit verlieren, sollte die Flucht vor den Holzfällern gelingen. Vielerorts schon hatte sie mit ansehen müssen, wie Waldbewohner von umstürzenden Bäumen erschlagen worden waren. Oder sich plötzlich gefangen sahen, weil schwere Stämme die Höhlenausgänge versperrten.
Als Tara durch ein Gestrüpp aus Myrten und Zistrosen sprang, stolperte sie plötzlich.
„Has', was schaust du in die Wolken?“, schnauzte Pikko sie an. Drohend hob er eine winzige Axt.
„Zwerg, was stehst du mir im Weg?“, fauchte Tara ihrerseits. „Ich bin in Eile. Holzfäller sind im Anmarsch.“
„Was schert mich das! Ich brauche keine Bäume.“
„Ach tatsächlich? Und wozu dann die Axt?“
„Für das Feuer in meiner Schmiede reichen ein paar Zweiglein. Die lassen sich immer finden.“
Tara wandte sich naserümpfend ab und flitzte weiter. ,Autark‘ nannten die Zwerge ihre Lebensweise; dabei war es nichts weiter als Ich-Sucht. Und Pikko übertraf alle.
Erst am Rande der großen Lichtung, tief im Wald verborgen, hielt Tara wieder an.

***

Inzwischen hatten die Holzfäller den Fluss durchquert und galoppierten durch das Dorf am Talende. Sie hielten vor einem alten Haus. Das Dach war frisch gedeckt und die Fassade von Kletterrosen überrankt. An seiner Seite verbaute ein langer flacher Schuppen den Blick auf die angrenzenden Felder. Zwei Männer kehrten den hinteren Teil des Hofes und inmitten eines Bergs bunter Bänder spielte ein kleines Mädchen.. Neben dem Tor kniete ein junger Mann vor einer Reihe Holzfässer.
Zor parierte sein Pferd vor ihm. „He Bauer, wir wollen hier rasten. Bring uns Brot und Wasser!“
„Ich bin kein Bauer. Ich bin Eno, der Winzer!“
„Um so besser. Dann bring uns Wein!“
„Wohin führt euer Weg?“ Eno musterte die Männer mit unverhohlener Neugier.
„Er ist hier zu Ende. Wir werden den Eichenwald fällen.“
Eno schüttelte den Kopf über soviel Einfalt: „Der Wald gehört den Alten Wesen. Niemand vermag ihn ohne ihre Erlaubnis zu betreten.“
Zor hob die Augenbrauen und grinste dann verächtlich. „Wer auch immer dort haust, wir werden ihn verjagen. Der Schutz der Priester feit uns gegen jeden Zauber. Dann könnt auch ihr endlich ungestört eurem Tagwerk nachgehen.“
„Uns stört hier niemand!“

***

Pikko leckte die letzten Frühstückskrümel aus seinen Barthaaren. Er betrachtete das aufgeschichtete Holz neben dem Kamin, bevor er das Feuer in seiner unterirdischen Schmiede entfachte: ,Noch ein paar Rebzweige zusätzlich zu den Eichenästen gäben ein gutes Feuer.‘ Er nickte, schulterte seine Axt, griff sich eine Fackel und marschierte zum talwärtigen Ende seines Höhlenreichs.
Irgend etwas versperrte ihm völlig den Ausstieg. Pikko hieb mit der Faust dagegen; es fühlte sich an wie .... Er hielt seine Fackel höher: Was für ein enormes Stück Holz!. Er stemmte sich dagegen; vergeblich.
„Dass doch der Blitz dreinführe!“ Pikko hackte mit seiner Axt darauf ein. Eine Hand voll Späne löste sich. So ging es auch nicht; er brauchte Hilfe. Ausgerechnet er! Der große Pikko, Stolz des ganzen Zwergengeschlechts.
Sein morgendlicher Zusammenstoß mit Tara fiel ihm wieder ein: Die Holzfäller! Er wollte ihnen eine Lektion zu erteilen, die sie ihr Leben lang nicht vergessen würden.

***

Am Teich inmitten der großen Lichtung trafen sich jeden Morgen die großen und kleinen Bewohner des Waldes.
„Holzfäller!", rief Tara ihnen schon von weitem zu. „Wir müssen fliehen."
Fedra, die Elfenprinzessin, schob ihre grauen Flechten in den Nacken, während sie ihr entgegenging. „Du bist ein Angsthäschen! Niemals wird ein Mensch sich unterfangen, unseren Wald anzutasten. Seit undenklichen Zeiten hat keiner mehr gewagt, auch nur einen Fuß hineinzusetzen.“
Tara schlenkerte die Ohren: „Sie wollen ja nicht hinein in den Wald. Sie werden ihn Baum für Baum vernichten wie anderswo auch. Der König braucht unermessliche Mengen Holz für seine Schiffe.“
„Und Kalo, der höchste seiner Priester, nutzt die wohlfeile Gelegenheit, überall die letzten meines einst mächtigen Volkes ihrer Heimat zu berauben. Niemand mehr soll sich gegen die Herrschaft jener Götter erheben, auf deren Namen Kalo seine Macht gründet.“
„Siehst du? Ich weiß doch, wovon ich rede: Ich bin in den letzten zwei Jahren mit meiner Sippe fünf Mal vor Zor und seinen Leuten geflohen.“
„Nichtsdestotrotz; fürchte dich nicht!“ Die Elfenprinzessin band ihre Schleifen neu. „Hier im Hain ist meine Magie ungebrochen und noch kraftvoll genug, euch vor allem Bösen zu bewahren.“
Ein paar Wildschweine schnoberten neugierig heran. Da erklang ein fremdes Geräusch: Ihm folgte das Ächzen eines Baumes, wie ein Schluchzen, das den ganzen Wald erfüllte.
Tara erstarrte; die Hasenkinder stoben auseinander und verschwanden im Gebüsch. „Kommt ihr wohl raus da!“ Tara hielt zwei Hasenmütter fest, die hinterherspringen wollten. „Und dann nichts wie weg hier!“
„Und wir?“, grunzte Cingala, eine graufellige alte Bache. „Wovon sollen wir leben ohne die Korkeicheln? Wir werden verhungern, bevor der Winter zu Ende ist.“
Fedra stellte sich der Häsin in den Weg: „Tara, bitte bleib hier! Wir können die Wildschweine doch nicht einem ungewissen Schicksal aussetzen!“
„Das Tal ist gefährlich!“ Ein alter Hase duckte sich ängstlich. „Die Hunde werden uns jagen.“
„Wir müssen des Nachts über den Fluss.“
„Und wohin dann?“
„Ich weiß es auch nicht, weit und breit gibt es nur noch Felder und abgeholzte Berghänge. Aber hier können wir nicht bleiben“, murrte Tara.
Bedrückt lauschten sie den Axtschlägen, die pausenlos durch den Wald schallten.
„Tara, du hattest Recht!“ Fedra sank ins Gras. „Diese Holzfäller fürchten sich nicht vor dem Wald. Der Bann, der ihn so viele Zeitalter schützte, hat seine Wirkung verloren.“
„Dann unternimm etwas, wenn wir bleiben sollen!“
„Allein vermag ich den Zauber nicht aufrechtzuerhalten. Die Kräfte der Magie erschöpfen sich immer mehr; und die Menschen haben sich von uns abgewandt, denn die Priester beherrschen ihre Herzen.“
Im nächsten Augenblick schlitterte eines der herumhüpfenden Hasenkinder durchs Moos, überschlug sich mehrmals und kollerte schließlich in einen Felsspalt. Tara sprang auf, aber die Öffnung war zu klein für sie. Sie lugte hinein: Dort unten stand Pikko neben dem Kleinen.
„Tara - wunderbar!“ Pikko sah auf, als ihr Schatten über ihn fiel, und winkte mit seiner Axt. „Bist du mit deiner ganzen Sippe hier oben? Ihr müsst mir unbedingt helfen!“
„Hilf erst einmal dem Kleinen aus deiner Höhle“, entgegnete Tara. „Dann sehen wir weiter.“ Sie knickte missbilligend ein Ohr zur Seite. ,Dieser Zwerg! Ständig versucht er, alle Welt für sich einzuspannen.‘
Pikko hob ihr das Häschen entgegen und kroch anschließend selber ins Freie. Er hockte sich zu den Alten der Sippe: „Ihr müsst mir helfen“, wiederholte er. „Die Holzfäller haben mir einfach den Ausgang zugesperrt. Wie soll ich da vernünftig arbeiten? In meinem Alter kann ich doch nicht jedes Mal den Berg erst rauf und dann wieder runter, wenn ich ins Tal muss. Das sind Störenfriede; ich will sie hier nicht haben!“
„Solange noch ein Baum steht, werden sie nicht gehen“, orakelte Tara.
„Das werden wir ja sehen“, knurrte Pikko. „Aber zuerst helft mir, den Ast vor meinem Tor wegzuschaffen.“
Die Hasen zogen mit Pikko den Berg hinunter. Immer lauter wurde das Schluchzen und Ächzen der Bäume, je weiter sie kamen. Viele Äxte waren gleichzeitig am Werk. Vorsichtig näherten sich Tara und Pikko dem Waldrand. Die Korkeichen senkten ihre Zweige tief hinab und hüllten die beiden in ihre Blätter, um ihnen Deckung zu geben.
Zwischen ihnen und Pikkos Höhle waren die Holzfäller an der Arbeit. Wohl an die zwanzig mächtige Bäume hatten sie schon gefällt.
„Das ist eine ganze Armee“, flüsterte Tara. „Unmöglich, sie aufzuhalten.“
„Und wir werden ihnen den Spaß doch verderben“, feixte Pikko. „Ich habe einen Plan.“

***

Am Nachmittag zählte Zor die gefällten Bäume. Gut gelaunt pfiff er vor sich hin. Das sonnige Herbstwetter war ideal für diese schwere Arbeit; die Männer lachten und scherzten und sie kamen schnell voran.
Ein Schrei ließ alle innehalten. Der Mann, der eben noch im Wipfel einer riesigen Korkeiche Äste abgesägt hatte, stürzte in die Tiefe, während sich der Baum zu schütteln schien und dann auf eine Gruppe erstarrter Holzfäller kippte. Die drei Männer neben ihnen ließen Axt und Säge fallen, rannten auf den Abgestürzten zu - und brachen mit einem Aufschrei im Waldboden ein.
„Die Geister“, rief ein Vierter entsetzt, warf seine Axt fort und rannte talwärts. Er kam nicht weit: Auch vor ihm sackte das Erdreich ein und er verschwand in der Tiefe.
„Was soll das?“, brüllte Zor. „Zurück an die Arbeit!“
Doch die Männer rührten sich nicht. „Warum haben wir plötzlich keinen festen Boden mehr unter den Füßen?“
„Das geht nicht mit rechten Dingen zu!“
Zor sah die Furcht in den Augen seiner Leute. Er entschied, für diesen Tag die Arbeit zu beenden. Niemand sollte an der Macht Kalos zweifeln können.

***

Nicht weit entfernt im Gebüsch verborgen, hatte Pikko die Szene verfolgt. Triumphierend eilte er zu den Hasen zurück: „Es hat geklappt! Die Holzfäller verschwinden. Jetzt helft mir, den Ast vor meiner Höhle zu beseitigen.“
„Später“, entgegnete Tara. “Sie werden morgen sicher wiederkommen. Wir graben weiter, bis es dunkel wird.“
Pikko murrte, denn er war ganz und gar nicht einverstanden. „Ich muss doch endlich meine Arbeit machen. Den ganzen Tag hab‘ ich schon verloren, um euren Wald zu retten.“
„Na schön!“ Tara schickte drei große Hasen zu seiner Höhle.
Sie selbst schlich sich an den Waldrand, um den weiteren Abstieg der Holzfäller zu verfolgen: Die Männer stiegen - einer hinter dem anderen - mit äußerster Vorsicht bergab; prüften vor jedem Schritt mit ihren Äxten die Festigkeit des Bodens. Hin und wieder drehte sich einer um und blickte zum Wald zurück, als erwarte er von dort neue Gefahren.
„Das nützt euch nichts“, höhnte Tara. „Wir sind noch nicht fertig mit euch!“ - Sie suchte den Himmel ab. In weiter Ferne schwebte eine einzelne weiße Wolke. Tara hob ein Pfötchen und winkte sie näher. Gehorsam glitt die Wolke heran. Die Häsin murmelte ein paar Worte und die Wolke begann sich aufzublähen, bis sie den Himmel bedeckte.
Im nächsten Augenblick zog eine schwarze Regenwand durch das Tal und entlud sich dann mit voller Wucht über den Holzfällern. Dicke Graupel prasselten auf sie ein. Eine Sturmböe fegte die abgeschlagenen Äste vom Waldrand hinunter; wie Prügel stürzten sie auf die Männer ein. Die rasten schreiend los und kümmerten sich nicht länger darum, auf welche Weise sie ins Dorf gelangen mochten.
Es war finster geworden; nur die Blitze, die den Himmel zerteilten, ließen die Holzfäller die schmalen Wege zwischen den Pergolen finden. In Bächen schoss das Wasser die Pfade hinab und verwandelte sie in Schlamm. Die Holzfäller schlitterten durch die Weinfelder, landeten bis zu den Knöcheln in Morast und fielen fluchend übereinander. Von einer Minute zur nächsten wurde es kalt. Ein eisiger Wind zerrte an den durchweichten Kleidern der Männer, und in den Regen mischten sich schwere Schneeflocken.
Dann war das Gewitter so plötzlich vorbei, wie es begonnen hatte.
Fedra tauchte neben der Häsin auf: „Das hast du gut gemacht! Ihr werdet nun bleiben, nicht wahr?“
„Sie kommen morgen zurück“, wehrte Tara ab. „Fedra, unternimm etwas!“

***

Als Zor mit seinen Leuten schließlich im Tal ankam, waren sie nass bis auf die Knochen und zitterten vor Kälte. Mancher hatte einen Stiefel im Morast steckenlassen und hinkte nun die Straße entlang.
Sie wurden von einer Gruppe zorniger Dorfbewohnerinnen empfangen. „Macht, dass ihr fortkommt; der Wald schlägt zurück“, schrie eine der Frauen den Holzfällern entgegen.
„Quatsch nicht, alte Hexe“, fuhr Zor sie an. „Ein Wald macht kein Gewitter.“
„O doch!“, erboste sich eine uralte Bäuerin. „Zu dieser Jahreszeit gibt es nie Gewitter! Der Hagel hat unsere Weinfelder verwüstet. Wir werden den besten Teil der Ernte verlieren. Ihr habt die Alten Wesen erzürnt, die den Wald behüten.“
„Schau dir das an!“ Ein kleines Mädchen stellte sich mutig vor Zor und hielt ihm eine Hand voll bunter Fetzen entgegen. „Der Sturm hat den ganzen Festschmuck heruntergerissen. Daran seid ihr schuld. Wie sollen wir jetzt Prinz Drano empfangen? Er wird denken, wir wollen nicht mit ihm feiern.“
(...)




Was andere dazu sagen - aus Rezensionen:

„Die Magischen Geschichten von Annemarie Nikolaus sind Geschichten für die ganze Familie. Die Kleinen wie die Großen finden etwas für sich: Meiner kleinen Enkelin hat die Geschichte vom Bach besonders gut gefallen, eben weil die kleine Protagonistin gescheiter war als die Erwachsenen, die einen Bach "einsperrten". Hier wird ein Thema des Umweltschutzes ganz feinsinnig einem Kind nahegebracht.“

„Annemarie Nikolaus versteht es mit ihrer Magie zwischen den Zeilen den Leser zu verzaubern! Sehr empfehlenswert!!!“

„Die Geschichten stecken voller Ideen. Die Autorin hat den Schutz der Natur zum Thema, ohne belehrend zu wirken. Dabei beschreibt sie ihre Figuren anrührend und humorvoll.“

„Die Leser werden dieses Buch lieben und so manche Anregung aus ihm mit in ihr eigenes Leben nehmen.“

„Die Weihnachtsgeschichte ist köstlich: Befana, Lucia, das Christkindl, der Hl. Nikolaus und Knecht Ruprecht beraten und streiten über das Organisieren des Weihnachtsfestes; (...) Das habe ich noch in keiner Weihnachtsgeschichte gelesen, diese Art von Gesellschaftskritik hat mir sehr gut gefallen.“

Montag, 23. Januar 2012

Die Perle auf dem Hühnerstall von Marion Pletzer


Klappentext:

Unversehens geraten die Henne Clarissa und ihre Gefährten in die Erbschaftsstreitigkeiten ihrer Menschen Valerie und Hendrik. Die sollen den Hof verlassen, weil das Testament nicht auffindbar ist. Das Geflügel soll geschlachtet werden. Clarissa will sich selbst und ihre Freunde retten.
Mit Hilfe der Krähe Margo begeben Clarissa, das Perlhuhn Perle und die Pute Consuela sich auf den Weg in nächste Dorf zu der gefangenen Taube Ugundi. Die hat Margo versprochen, dem Geflügel bei der Lösung ihres Problems zu helfen. Als Preis fordert sie ihre Befreiung. Eine aufregende und gefährliche Reise beginnt.

"Die Perle auf dem Hühnerstall" ist bei amazon und smashwords erhältlich.





Die Perle auf dem Hühnerstall

Kapitel 3

Clarissa hüpfte auf die Sitzstange. Sie vermisste Valeries warme Hand auf ihrem Rückengefieder, ihre sanfte Stimme und die Extraportion Haferflocken. Was, wenn Flo Recht hatte und Valerie kam nicht mehr wieder? Hendrik konnte sie niemals ersetzen. Clarissa kletterte noch eine Stange höher. So hatte sie alle Hühner im Blick.
„Unser Leben wird bedroht. Wir müssen herausfinden, was es ist“, sagte sie.
Ratlose Blicke trafen sie.
„Wieso? Ist doch alles wie immer“, bemerkte Artus. „Außer, dass wir heute etwas später als sonst Futter bekommen haben.“
„Hendrik hat uns gefüttert. Beweis genug, dass etwas nicht stimmt. Valerie hat uns noch nie jemand anderem überlassen. Nicht mal als Johnny tot im Garten lag.“
Die Hühner nickten zustimmend.
Johnny war ein dicker Kater gewesen, grauweiß wie die Gänse. Er lag am liebsten auf der von der Sonne erwärmten Bruchsteinmauer. Bei schönem Wetter verschlief er so den halben Tag. Bei schlechtem schlich er ins Haus. Ab und zu streunte er durch den Auslauf und hielt Ausschau nach Mäusen, die vor dem Stall nach Körnern suchten. Gelegentlich packte er eine und schleppte die um ihr Leben piepsende und zappelnde Maus davon. Sobald Valerie Johnny sah, streichelte sie ihm über das Fell und sprach leise mit ihm. Sie lachte, wenn er ihr um die Beine strich. Sie weinte ganz entsetzlich, als sie ihn eines Morgens kalt und steif unter dem Rosenbusch fand.
„Wahrscheinlich ist gar nichts. Menschen tun oft eigenartige Dinge.“ Trulle, ein behäbiges Lachshuhn, dessen befiederter Bart bei jeder Bewegung wackelte, sprach langsam und leise.
„Du hast diesen Fred nicht gesehen, Trulle. Seine Augen glitzerten so bösartig wie die von Habicht. Er sagte, er würde jedem hier den Kopf abschlagen“, widersprach Clarissa.
„Ich kenne ihn“, mischte Henni sich ein. Sie war die älteste Henne am Hof und im Gegensatz zu Gunters Gedächtnis, war ihres hervorragend.
„Das letzte Mal, als er hier war, führte ich meine ersten Küken. Fred und Edgar stritten so heftig miteinander, dass ihre Gesichter rot anliefen. Edgar war der Stärkere und vertrieb Fred vom Hof. Danach kam er nie wieder.“
Aufgeregt gackerten die Hühner durcheinander.
„Warum kommt er denn jetzt zurück?“ Perle flatterte neben Clarissa auf die Stange.
„Weil Edgar nicht mehr da ist. Oder hat ihn jemand von euch gesehen?“, fragte Henni in die Runde.
Nach einigem Gezeter einigten die Hühner sich darauf, dass Edgar bereits länger weg war als Valerie.
„Dann will Fred seinen Platz einnehmen“, bemerkte Artus. „Jede Gruppe benötigt einen Anführer.“
Clarissa schüttelte den Kopf.
„Das kann nicht stimmen. Er sagte, er will den Hof nicht. Nur Geld.“
Die Hühner sahen sie verständnislos an. „Geld?“
„Kann man das fressen?“, fragte Flo. Eine berechtigte Frage fanden die anderen und nickten. Aber eine Antwort konnte ihr niemand geben.
„Ihr seht, es gibt viele Fragen zu klären. Perle, du bist die beste Fliegerin von uns. Flieg zum Haus hinüber und versuche etwas herauszufinden“, bestimmte Clarissa.
„Nee, nee. Paco hat schon mal fast meine Schwanzfeder erwischt“, sagte Perle. Vor Pacos spitzen Zähnen fürchteten sich alle.
„Aber einer muss gehen“, beharrte Clarissa. „Und am besten der, der die größte Chance hat, zum Haus vorzudringen. Schließlich wir sind alle betroffen.“
Wieder nickten die Hühner sich gegenseitig zu.
„Ich erledige bereits die Aufgabe der Wächterin. Mehr ist nicht drin“, entgegnete Perle. „Seine Eier muss schließlich auch jeder alleine legen.“
Die Hühner verfielen in Schweigen.
„Wie wäre es mit Gunter?“, sagte Henni. „Der kann doch alles. Sagt er jedenfalls.“
„Gute Idee. Trulle machst du das? Dich mag er von uns am liebsten“, sagte Clarissa.
Vor Freude, dass ihre Hilfe gefragt war, hüpfte Trulle sofort nach draußen. Neugierig folgten die anderen.
Leise gurrend, tänzelte Trulle auf den Krallenspitzen um Gunter herum. Sofort blähte er die Federn und stimmte in den Tanz ein. Seine Gesichtshaut färbte sich blau. Kollernde Laute drangen aus seinem Schnabel. Eine Weile drehten Trulle und Gunter ihre Kreise auf der Wiese. Dann blieb Gunter stehen und schüttelte so heftig den Kopf, dass der wurmförmige Hautlappen um seinen Kopf schwang.
„Er will nicht. Hätte ich euch gleich sagen können“, bemerkte Babette forsch. Sie war ein schickes Junghuhn, dessen lackschwarzes Gefieder eindeutig Artus als Vater erkennen ließ.
Trulle gab nicht auf. Munter tänzelte sie weiter. Ihr Gefieder glänzte rosafarben in der Sonne, der Bart schwang anmutig bei jedem Schritt. Gunter fiel wieder in den Tanz ein. Erneut drehten sie sich im Kreis. Schließlich legte er das Gefieder glatt an den Körper, die blaue Gesichtsfärbung wechselte zurück ins rosafarbene und er nickte. Trulle strich ein letztes Mal mit ihrer Körperseite an der seinen entlang und kam zurück zum Stall.
„Er macht’s. Schade, dass er ein Langbein ist.“ Verlegen strich sie den Bart am Brustgefieder glatt.
Gunter flatterte auf den Pflaumenbaum, der in der Nähe des Stalls wuchs. Von dort auf das Stalldach. Dann auf die Terrasse. Gemächlich schritt er zum Haus. Das Gezeter seiner Damen, die ihn mit schrillen Stimmen zur sofortigen Umkehr bewegen wollten, ließ er hinter sich. Sein Blick fiel auf eines der Fenster. Es stand offen.
Bis auf die Gänse, rannten alle zum Zaun und verfolgten, wie er mit federnden Schritten das Beet erreichte, das die Hauswand einrahmte. Da entdeckte er eine Staude mit gelben Blüten. Zart und saftig sahen sie aus. Er senkte er den Kopf und pickte an den Blütenblättern herum. Solche Köstlichkeiten gab es im Auslauf nicht.
„Gunter!“, rief Clarissa. Er hörte sie nicht, sondern pickte eine Blüte nach der anderen von den Zweigen.
„Gunter!“
Er hob den Kopf.
Ihr Schnabel deutete ihm die Richtung, die er einschlagen sollte. Er kollerte und nickte bedächtig. Unterhalb des Fensters blieb er stehen, überlegte kurz und sprang auf einen blühenden Busch. Die Zweige bogen sich unter seinem Gewicht. Blütenblätter rieselten zu Boden und bedeckten die dunkle Erde wie eine hauchdünne Schneeschicht. Hendriks Silhouette erschien am Fenster. Den Kopf schräg gestellt, lauschte Gunter Hendriks aufgeregter Stimme. Es strengte ihn an, sich die schnell gesprochenen Worten zu merken.
„Paco kommt!“ schrie Perle mit einem Mal durchdringend in die gespannte Stille.
Die Hühner blickten starr auf den schwarzen Hund, der mit fliegenden Ohren um die Ecke schoss.
Die Puten jammerten und wehklagten bereits über den unvermeidlichen Verlust ihres Hahns. Dabei drehten sie sich verzweifelt im Kreis.
Gunter blickte sich hektisch um und sprang schließlich vom Busch herunter. Er blähte sich auf. Seine Flügel schabten über den Boden. Mit ruckendem Kopf stellte er sich dem Hund entgegen. Paco blieb stehen. Er zögerte. Dann senkte er den Kopf. Die Zunge hing weit aus seinem Maul. Strahlend weiß hoben die Zähne sich von dem schwarzen Fell ab.
„Helft ihm doch! So helft ihm doch“, jammerten die Puten.
Paco duckte sich, schlich auf Gunter zu. Sein Blick fixierte ihn. Gunter hielt sich mit dem Rücken zur Wand und stieß spuckende Laute aus. Mit den fächerartig ausgebreiteten Schwanzfedern beschrieb er einen Halbkreis nach dem anderen.
Ohne zu überlegen, flatterte Clarissa auf den Zaun. Schwerfällig flog sie in Richtung des Hundes.
„Kehr um!“, schrie Henni hinter ihr her.
Paco fuhr herum. Jeden einzelnen seiner spitzen Zähne konnte Clarissa erkennen, als er zu ihr hochsprang. Pacos Kiefer klappten aufeinander. Clarissa spürte ein Ziehen am Schwanz. Panisch flatterte sie. Und kam frei. In Pacos Maul hing eine braune Feder. Mit mehreren hektischen Flügelschlägen erreichte Clarissa den rettenden Zaun. Gunter nutzte die wenigen Sekunden, die Clarissa ihm verschafft hatte. Er flog auf und landete auf der Fensterbank. Fieberhaft schlugen seine Flügel. Doch seine Krallen fanden auf der glatten Fläche fand keinen Halt. Heiser bellte Paco zu ihm hinauf.
„Paco, aus!“ Hendriks Stimme klang böse. Augenblicklich verstummte Paco. Er ließ die Ohren hängen und schlich mit eingekniffener Rute ins Haus.
Erleichtert sprang Gunter von der Fensterbank. Sein Kollern schallte über den ganzen Hof.
„Was machst du denn hier draußen? Marsch, zurück!“ Die Arme ausgestreckt, scheuchte Hendrik Gunter zurück. Gemächlichen Schrittes, als wäre ihm nicht gerade das Leben geschenkt worden, spazierte Gunter zurück in den Auslauf.
Seine Damen rannten auf ihn zu. Vor Erleichterung zupften sie aufgeregt an seinem Gefieder. Schnell bildeten die Hühner einen Halbkreis um Gunter und drängten ihn zu erzählen, was er erfahren hatte.
„Nicht besonders viel. Hendrik sprach so schnell. Und dann kläffte dieser, … ,dieser… Hund“, sagte Gunter.
„Nun erzähl schon“, sagte Clarissa aus Sorge, er könne alles vergessen, wenn er sich mit Nichtigkeiten aufhielt. Gunter zog die federlose Stirn in Falten. Eile war nicht seine Sache.
„Immer mit der Ruhe. Valerie ist krank. So viel habe ich verstanden.“
„Krank?“
„Was hat sie denn?“
„Wann kommt sie wieder?“
Alle riefen durcheinander.
„Schleichender Hühnertod.“ Diese beiden von Babette unbedacht ausgesprochenen Worte lösten große Bestürzung aus. Augenblicklich verstummten alle. Jeder wusste Bescheid über diese Krankheit. Zunächst fühlte man sich nur schlapp. Der Kamm bekam die Farbe eines Regenwurms. Dann lief blutiges Wasser aus der Kloake. Man wurde schwächer und schwächer, während ein ständig schlimmer werdendes Gewitter durch die Gedärme wütete. Bis man irgendwann von der Stange fiel.
„Dann ist sie nicht zu retten“, flüsterte Fee in die angstvolle Stille. Und sie musste es wissen, fielen doch ihre Mutter und fünf ihrer Geschwister dieser schrecklichen Krankheit zum Opfer. Nur Valeries unermüdlicher Pflege verdankte sie ihr eigenes Leben.
„Hat Hendrik sonst noch etwas gesagt?“, fragte Clarissa.
„Dass er uns alle weggeben muss. Mehr weiß ich nicht.“ Gunter schüttelte den Kopf, so dass der Hautlappen wie eine Bommel herumflog.
„Bist du sicher? Oder hast du es nur vergessen?“, bohrte Clarissa nach. Vermutlich wäre es doch besser gewesen, Perle hätte diese Aufgabe übernommen. Gunter faltete erneut seine Stirn.
„Ach, ja. Fred, der Mistkerl, sagte er noch. Mehrmals.“ Gemeinsam mit seinen Damen schritt Gunter in den hinteren Teil des Auslaufs. Seine Arbeit war erledigt.
Weggeben, hatte Hendrik gesagt. Clarissa blickte über die Köpfe der Hühner, so als wolle sie sie durchzählen. Das bedeutete, fort vom Hof. Fort von Zuhause.



Leserstimmen:

"Lange habe ich mich bei einer Geschichte nicht mehr so amüsiert, wie bei diesem Text. Die Autorin muss Tiere, insbesondere Hühner lieben, wie sonst könnte jemand so wunderbar und gefühlvoll darüber schreiben. Humorvoll erzählt sie die Geschichte von Clarissa und Perle den Hühnern, der Krähe Margo und Ugundi, einer Brieftaube... Ein Buch, das ich nur jedem empfehlen kann."


"... fundiert taucht sie in die Welt auf dem Bauernhof ein, in Clarissas Hühnerwelt, in der es spannende Konflikte gibt und auch bezaubernden Humor."


"... Humor hat dabei viel Platz. Geradezu köstlich, wie der Ganter Gunter als leicht beschränkt und höchst vergesslich dargestellt ist. Auch der schöne Hahn Artus ist nicht ganz auf der Höhe des Geschehens, sodass das Schicksal des Hofs in den Krallen der weiblichen Mitglieder des Geflügels liegt... So ist dieser Roman für Kinder nicht nur spannend zu lesen, sondern auch lehrreich. Nicht nur für Kinder. Vergnüglich obendrein."

Montag, 16. Januar 2012

Die Prinzessin mit der feinen Nase von Tine Sprandel mit Illustrationen von Gwen Kaase






„Lila Kelche zierten die Türmchen, weiße Rispen prangten an den Zinnen, das Tor wurde von Ranken umhüllt. Auf der ganzen Wiesenwelt gab es kein schöneres Schloss und alle Wiesenwesen dachten, Prinzessin Penelope müsste das glücklichste Mädchen der Welt sein.
Doch Penelope war unglücklich ...“
Gibt es Rettung für Penelope und ihr Königreich? Kann Wiesenwicht Viktor die Prinzessin und das Wiesenreich vor stinkenden und qualmenden Kuhfladen bewahren?
„Die Prinzessin mit der feinen Nase“ ist ein Märchen für jedes Alter und für alle, die den Duft und die Farben der Blumenwiesen lieben.

Hier können Sie direkt bestellen:
amazon, i-tunes und smashwords



Leseprobe:


Die Prinzessin mit der feinen Nase
Von Tine Sprandel
mit Illustrationen von Gwen Kaase








s dauerte zwei Stunden, zweiundzwanzig Minuten und zwei Sekunden bis Viktor sich bis zum Schloss durchgearbeitete hatte. Im wahrsten Sinn des Wortes. Denn er sammelte und suchte alles was er finden konnte und das nach nichts roch. Das war harte Arbeit, denn in so einer Wiese roch alles ein bisschen nach Gras oder nach Lehm oder nach Regenwurmkot oder nach Blütensuppe. Er hatte einen Stein gefunden, so groß wie seine ganze Hand und so klein wie ein Samenkorn. Er hatte diesen Stein geschrubbt, geputzt und poliert bis kein Hauch eines Geruchs mehr an ihm hing. Dann hatte er ihn in sein Jutesäckchen gestopft.
Als nächstes viel sein Blick auf eine Glasscherbe, so groß wie Viktors Bein, so klein wie ein Blütenblatt des Gänseblümchens. Auch dieses Prachtstück putzte und polierte er bis kein Erdrestchen einen Duft verriet. Als drittes fand er ein Stück Draht. Länger als der ganze Viktor und so kurz wie ein kleiner Grashalm. Nachdem er ihn gesäubert hatte, behielt er ihn in der Hand. Er war zu lang für sein Jutesäckchen und zu wertvoll, um ihn aus den Augen zu lassen.
Viktor schritt zum Schloss und rüttelte mit seinem Stock am Rankentor.
„Wer ist da?“ rief ein Diener.
„Wiesenwicht Viktor. Ich will zur Prinzessin.“
Der Diener lugte durch einen Spalt im Rankengerüst und wunderte sich sehr. „Was will der Meister der Faulheit bei der Prinzessin?“
„Ich will sie retten. Ich will sie von ihrer Qual befreien.“
„Hoho. Hört, hört. Du willst das? Du willst etwas tun?“
„Lässt du mich nun ein?“ fragte Viktor.
„Nein, nein. Nein. Der König hat befohlen, ich soll nur die großen Helfer einlassen, die eine wirklich gute Idee haben, Faulpelze, die nur auf die Belohnung aus sind, soll ich gar nicht vorlassen.“
„Aber ich habe eine Idee!“
„Ja?“ fragte der Diener listig. Denn er wollte die Prinzessin selber retten, und mit ihr an seiner Seite Herrscher im Wiesenland werden.
„Ich verrate sie nur der Prinzessin, sonst funktioniert sie nicht.“
„Dann scher dich zum Teufel. Ich darf niemanden zur Prinzessin vorlassen.“





Leserstimmen:

„Wie schon in den Kalibernkippern zeichnet die Autorin Tine Sprandel auch hier in diesem berückenden Märchen ein liebevolles Bild der Natur, ganz hervorragend unterstützt von der Illustratorin Gwen Kaase.

Ein Königreich auf einer Sommerwiese, die niemals gemäht wird, fast riecht man den betörenden Duft der Blumen. Nicht so Prinzessin Penelope, die arme, denn sie kann überhaupt nichts mehr riechen! Ihr Vater, der König, setzt den klassischen Märchenpreis aus für jenen, der sie von der Plage befreit. Da kommt der Faulpelz Viktor ins Spiel, ein Wiesenwicht, der trickreich die Prinzessin erobern will. Selbstverständlich tritt ein Gegenspieler auf, die Geschichte nimmt ihren Lauf ... und endet unerwartet.“

„Ein reizenden Buch für Junge und Junggebliebene!“

„Tine Sprandel gelingt es mit liebevoll beschriebenen Details, die Helden, ihre Abenteuer und das Wiesenreich lebendig werden zu lassen. In harmonischer Einheit mit den wunderbaren Illustrationen von Gwen Kaase glaubt man als Leser fast, den Duft der Blütenwiese wahrzunehmen.“

Montag, 9. Januar 2012

Anne im Bauch von Eva Markert


Klappentext:

Anne ist Maries beste Freundin. Sie ist älter als Marie und wohnt in ihrem Bauch.
Auf keinen Fall darf Marie jemandem von Anne erzählen, sonst würde die für immer fortgehen.
Eines Tages zieht Josefa im Haus gegenüber ein und Marie freundet sich schnell mit ihr an. Wird dies ihre Freundschaft mit Anne gefährden?

"Anne im Bauch" ist eine Geschichte für Mädchen ab 5. Erhältlich bei Amazon.



Anne im Bauch
oder:
Maries heimliche beste Freundin
von
Eva Markert
1.
Ein seltsames Mädchen
Marie tat oft seltsame Dinge.
Auf dem Spielplatz zum Beispiel rannte sie pausenlos zwischen der Rutschbahn und der Schaukel hin und her und rutschte und schaukelte abwechselnd.
„Kannst du dich nicht entscheiden, was du am liebsten tun möchtest?“, fragte Mama lachend.
„Klar kann ich das!“, antwortete Marie und rannte wieder los.
Kopfschüttelnd sah Mama ihr hinterher.
„He, Marie“, rief Sarah, „wippst du mit mir?“
Sarah war in derselben Klasse wie sie.
Marie blieb stehen und horchte in sich hinein. „Nee, wippen will sie nicht“, sagte sie.
„Wer will nicht wippen?“, wollte Sarah verblüfft wissen.
Aber Marie war schon wieder auf dem Weg zur Rutsche.
Manchmal redete Marie auch mit sich selbst.
Neulich sagte sie mitten in der Rechenstunde laut und deutlich in die Stille hinein: „Au ja, das ist eine gute Idee.“
Alle sahen sie erstaunt an.
„Was ist eine gute Idee?“, fragte Herr Weinert.
Marie fuhr zusammen und wurde rot. „Ich ... äh ... ich ...“, stotterte sie.
Herr Weinert lächelte. „Sicher findest du, es ist eine gute Idee, rechnen zu lernen. Stimmt’s?“
Erleichtert nickte Marie.
Einige in der Klasse murmelten.
„Findest du das wirklich?“, zischte Sarah ihr zu.
Marie nickte, grinste und beugte sich wieder über ihr Heft.
Komischerweise machte Marie abends nie Theater, wenn sie ins Bett gehen sollte. Papa schüttelte oft darüber den Kopf. „Du bist das einzige Kind, das ich kenne, das abends gern ins Bett geht“, sagte er oft.
Ihr Bruder Stefan, der zwei Jahre älter war, bettelte immer, ob er noch länger aufbleiben dürfte. Marie tat das nie.
Sie hatte einen guten Grund dafür. Und auch für all die anderen seltsamen Dinge, die sie tat. Aber den durfte sie niemandem verraten.
2.
Endlich im Bett!
Wenn Mama Marie gute Nacht gesagt und das Licht im Kinderzimmer ausgemacht hatte, wurde es richtig lustig. Dann kam Anne heraus. Sie wohnte in Maries Bauch.
„Was machen wir heute?“, fragte sie.
Marie überlegte. „Sollen wir wieder deinen Kühlschrank umschmeißen?“
In Annes Kühlschrank war alles, was Marie und Anne gern mochten: Schinken, Bananen, Leberwurst, Erdbeermarmelade und vor allem riesige Mengen Schokoladeneis. Mama erlaubte ihr nicht, so viel Eis zu essen, höchstens eins am Tag. Deshalb warf Marie gern Annes Kühlschrank um, und dann aß sie das ganze Eis auf, was dabei herausfiel.
Anne fand das Spiel auch witzig, aber heute Abend nicht. „Das haben wir doch gestern erst gemacht“, wandte sie ein. „Außerdem habe ich keinen Hunger.“
„Ich eigentlich auch nicht.“ Zum Abendessen hatte Marie nämlich zwei Brote mit Schinken und Banane gegessen.
„Wie kann man sich bloß Bananenscheiben auf ein Schinkenbrot legen“, hatte Stefan gemeint und angewidert das Gesicht verzogen.
Marie liebte Schinkenbrote mit Banane. Das war übrigens auch eine von Annes Ideen. Wenn sie den Kühlschrank umwarfen, machten sie sich manchmal auch Schinken-Bananenbrote.
„Schmeckt toll“, antwortete sie Stefan, denn sie konnte ihm natürlich nicht von Anne erzählen.
Auch Leberwurst-Marmeladenbrote aß sie gern. Aber es musste unbedingt Erdbeermarmelade sein. Darauf bestand Anne.
Und sie hatte Recht. Überhaupt hatte sie immer Recht. Zumindest fast immer. Kein Wunder! Schließlich war sie ja schon viel älter als Marie. Nämlich schon achtzehn.
„Was sollen wir denn nun spielen?“, fragte Anne.
„Schule!“, rief Marie. „Ich bin die Lehrerin.“
„Au ja.“
Das war das Tolle an Anne. Obwohl sie älter war, hatte sie nichts dagegen, dass Marie die Lehrerin spielte.
„Wir haben Mathe“, begann Marie. Mathe war ihr Lieblingsfach.
„Okay.“
Marie dachte nach. „Drei und sieben weniger vier.“
Anne begann zu rechnen. Marie auch.
Nach einer Weile bat Anne: „Kannst du die Aufgabe noch mal wiederholen?“
Marie kicherte. „Nee, kann ich nicht. Ich habe sie nämlich vergessen.“
„Ich auch. Dann frag was anderes.“
„Wie viel ist drei und vier weniger fünf. Das können wir uns leichter merken.“
Wieder begannen sie zu rechnen. Doch ehe Marie wusste, was rauskam, schlief sie ein.
3.
Der große Bruder
Maries Bruder war ganz nett. Manchmal allerdings auch nicht, vor allem dann nicht, wenn er sich aufspielte. Und das tat er leider recht häufig.
Wenn er draußen spielen ging und Marie mitkommen wollte, meinte er: „Ich kann dich nicht mitnehmen. Dafür bist du noch zu klein.“ Wenn sein bester Freund zu Besuch kam, schickte er Marie auch weg. „Du Zwerg kannst nicht mitspielen. Und außerdem bist du ein Mädchen.“
„Du musst verstehen, dass die Jungs auch mal unter sich sein wollen“, meinte Mama, wenn Marie sich bei ihr beschwerte.
„Lass sie doch“, tröstete Anne sie. „Heute Abend schmeißen wir wieder den Kühlschrank um. Oder wir spielen Schule und du bist die Lehrerin. Das ist doch viel lustiger als das, was der blöde Stefan und seine doofen Freunde spielen.“
Komischerweise fand Stefan, Marie wäre alt genug, um mittags mit Hansi, dem Rauhaardackel der Familie, spazieren zu gehen, auch dann, wenn es wie aus Eimern goss.
„Findest du nicht, dass ich noch viel zu klein bin, um bei diesem Sauwetter draußen zu sein?“, erkundigte sich Marie einmal bei Mama.
„Wieso zu klein?“, fragte Mama zurück. „Du bist doch schon ein großes Mädchen.“
„Ich gehe mit“, tröstete Anne, als Marie maulend ihre Regenjacke anzog. „Dann können wir uns in Ruhe unterhalten.“
„Aber wir dürfen nicht so laut reden“, flüsterte Marie. „Sonst gucken die Leute wieder so komisch.“
Ein Glück, dass sie Anne hatte! Mit ihr zusammen machte alles viel mehr Spaß – sogar bei Schweinewetter mit dem Hund zu gehen.

Montag, 2. Januar 2012

Kinder erzählen von Sigrid Wohlgemuth

Tauch ein in meine Welt

Meine Eltern und ich, Manolis, sind zum Ende der Sommerferien aus Milatos, einem kleinen Fischerdorf auf der Insel Kreta in die Waldstadt Eberswalde umgesiedelt. Mein Vater hat als Griechischprofessor eine Anstellung an der ansässigen „Albert Einstein“- Gesamtschule erworben. Wir bezogen ein kleines Haus am Stadtrand. Mir blieb wenig Zeit, um meine neue Nachbarschaft zu erkunden, schon steht der erste Schultag vor der Tür. Ich gehe zeitig aus dem Haus und bemerke, dass aus dem Nachbarhaus ein Junge, auf dem Rücken einen Schulranzen und ungefähr in meinem Alter, schritt. „Hey“, rufe ich. „Ich heiße Manolis. Wir sind ins Nachbarhaus gezogen. Wie heißt du?“ Ich bemerke erst dann, als ich keine Antwort erhalte, dass der Junge einen Kopfhörer aufhat. Ich laufe auf ihn zu und stupse ihn an seiner Schulter an.

„Hey, ich heiße Manolis, und du?“

„Daniel.“

„Gehst du auch in die Europaschule?“, frage ich. Er nickt und sieht mich kurz an, dann geht er ohne mich weiter zu beachten seines Weges. Ich laufe hinter ihm her und stoße ihn nochmals an.

„Wir könnten den Schulweg gemeinsam gehen.“

„Ich gehe alleine.“ Daniel lässt mich einfach stehen. Ich sehe ihm mit verdutztem Gesicht hinterher. Die erste Schulstunde erweist sich als ziemlich locker. Unsere Lehrerin stellt mich vor, weil ich der einzige Neue in der Klasse bin. In der Pause gesellen sich meine Mitschüler um mich herum, um alles über mein Leben in Griechenland zu erfahren. Daniel steht abseits, vertieft in ein Gameboyspiel. Die nächsten Stunden gehen ins Land und wir bekommen nur eine Aufgabenstellung für den nächsten Tag auf. Jeder soll etwas mitbringen, womit er sich in den Ferien am häufigsten beschäftigt hat. Ich warte nach der Schule am Torbogen auf Daniel, der versunken in sein Gameboyspiel an mir vorbei geht, ohne mich zu bemerken.

„Ich habe auf dich gewartet, Daniel. Hast du Lust heute Nachmittag zu mir nach Hause zu kommen?“, frage ich ihn.

Er schüttelt den Kopf. Nun wenigstens hat er gehört, was ich ihn fragte.

„Warum nicht? Wir könnten Freunde werden“, versuche ich es erneut.

„Ich will keine Freunde.“ Daniel packt sein Spiel in den Ranzen und geht schneller.

Ich bleibe zurück und schlendere vorbei an den Auslagen der Geschäfte nach Hause. „Wie war dein erster Schultag?“, fragt meine Mutter, als ich die Türschwelle überschreite.

„Super“, antworte ich. „Morgen sollen wir etwas zur Schule mitbringen, womit wir uns im Sommer häufig beschäftigt haben. Ich werde mein Tavli mitnehmen.“

„Wenn du Tavli sagst, wird es keiner verstehen, es ist hier unter Backgammon bekannt“, sagt meine Mutter. Ich beobachte durch unser Küchenfenster, dass Daniel im Nachbarhaus die Rollos runterlässt.

Ob er so früh schlafen geht?, überlege ich mir.

„So Kinder, welchen Gegenstand habt ihr heute mitgebracht?“, fragt meine Lehrerin. Wir zeigen unsere Mitbringsel vor. Es befinden sich Barbiepuppen, Bücher, hauptsächlich Harry-Potter, Federballspiele, Tennisschläger, Bumerangs, eine Reitgerte, drei Schachspiele, viele Schwimmreifen, gemalte Bilder, verschiedene Bastelarbeiten, Kriegscomputerspiele und vieles mehr unter ihnen.

„Daniel, womit hast du dich am meisten beschäftigt? Du hast keinen Gegenstand mitgebracht?“, fragt die Lehrerin.

„Er war zu schwer. Ich habe die meiste Zeit vor dem Computer verbracht“, antwortet Daniel.

„Warst du mit deinen Eltern nicht verreist?“, fragt die Lehrerin.

„Doch. Wir waren in den Alpen. Im Hotel standen Computer zur Verfügung. Meine Eltern gingen wandern und ich habe den Computer genutzt“, gibt Daniel zur Antwort. „Den ganzen Urlaub über? Warum bist du nicht mit deinen Eltern wandern gegangen?“ Die Lehrerin hat einen verwunderten Gesichtsausdruck.

„Ich hatte keinen Bock“, antwortet Daniel.

Jeder von uns kommt an die Reihe seinen Gegenstand darzubieten. Viele Mitschüler sind von meinem Backgammonspiel begeistert, sodass ich in der Pause die Spielregeln erkläre und wir ein paar Runden austragen. Nach der Schule warte ich am Torbogen auf Daniel.

„Daniel, warum möchtest du nicht mein Freund werden? Wir wohnen nebeneinander.“

Ich muss mich beeilen, dass ich seinem Schritt nachkomme. Daniel setzt zum Spurt an und lässt mich stehen. Wie am Vortag beobachte ich, dass Daniel, sobald der das Haus betritt, in seinem Zimmer die Rollos herunterfährt. Meine Neugierde siegt. Ich gehe über den Rasen zu seinem Haus und drücke auf die Türklingel.


Leseprobe aus "Kinder erzählen", für Kinder ab 7 Jahre, erhältlich bei amazon