Leseproben für kleine Schmökerratten
- Kinderbücher von Indie-Autoren

Dienstag, 30. Dezember 2014

Weihnachtsferien

Die Schmökerratten machen bis zum 6.1.15 Ferien. In der Zwischenzeit gibt es im Archiv und in der Weihnachts-Textwerkstatt viel zu stöbern.

Dienstag, 23. Dezember 2014

Klausmüller - Ein Esel sucht ein Pferd von Pebby Art



Klara ist entsetzt: Sie soll ihre Ferien zusammen mit ihren Eltern bei Großtante Agnes verbringen. Wie langweilig! Dabei hatten ihre Eltern ihr einen Mallorca-Urlaub versprochen.
Doch dann entwickelt sich alles anders als erwartet:
Klaras Herz macht Hüpfer, als sie entdeckt, dass ihre Großtante Pferde hat und dann ist da auch noch dieser coole Junge namens Joey. Doch was Klaras Ferien völlig durcheinanderbringt, ist ihr Stoffesel, der plötzlich mit ihr redet und auch sonst sehr lebendig ist.
Nun scheinen die Ferien doch noch zu einem amüsanten und schönen Urlaub zu werden, wäre da nicht eines Tages ein Pferd zu wenig auf der Weide: Favorit ist verschwunden  und das Abenteuer nimmt seinen Lauf – und dann entdeckt Klausmüller auch noch eine magische Brille …
Ein Buch für alle, die sich gerne von frechen Stofftieren in ein Abenteuer ziehen lassen.
Die Lesealterempfehlung liegt bei ab acht Jahren.
 Erhältlich bei Amazon.

Ein zerplatzter Urlaubstraum

Es war zwei Monate vor den großen Ferien, als Klara nach Klausmüller trat. Der flog durch die Luft, streifte mit seiner bunten Schmetterlingshaarspange Klaras Papa am Oberarm, setzte zur Landung an und rutschte über den Flurfußboden.
Klara tat sofort leid, was sie getan hatte. Warum trat sie gegen ihren Lieblings-Stoffesel, wenn sie doch sauer auf Mama und Papa war? Diese hatten soeben Klaras Traum vom Sommer-Sonnen-Strandurlaub vernichtet. Wütend schaute Klara zu ihrem Papa. Auch seine Stimmung hatte sich dank der roten Streifen auf seinem Arm geändert. Er mutierte gerade zu einem fluchenden Pantoffelhüpfer. Selbst schuld, dachte Klara, schnappte Klausmüller und lief in ihr Zimmer.
Ursprünglich schuld an Klausmüllers rasantem Flug durch den Flur war Großtante Agnes. Diese hatte nämlich einen Brief geschrieben. An Klaras Eltern. Und dieser Brief nun hatte Mama und Papa dazu gebracht, Klaras ersehntes Urlaubs-Reiseziel Mallorca links liegen zu lassen, um stattdessen zu Tante Agnes zu reisen. Wenn Klara daran dachte, wie lange sie gebraucht hatte, um Mama und Papa dazu zu überreden, einem Mallorca-Urlaub zuzustimmen, wurde ihr richtig schlecht vor Wut und Enttäuschung.
„Klausmüller“, schluchzte Klara, „wir werden zu Tante Agnes fahren.“
Sie wischte sich eine Träne aus dem Gesicht und blickte Klausmüller ernst und tief in die Augen. „Tante Agnes – die kenne ich gar nicht. Das ist eine ganz blöde Tante von Mama. Die hat noch nicht mal einen Swimmingpool und ein Meer hat die auch nicht, und Sonne, Sonne scheint da nie!“
Klara drückte ihren kleinen grau-braunen Esel ganz fest an sich. Es war jetzt etwas über zwei Jahre her, da hatte sie ihn zu ihrem neunten Geburtstag bekommen. Damals war sie zunächst enttäuscht gewesen. Sie hatte sich ein Pferd gewünscht und zwar ein echtes und keinen Esel. Statt eines erträumten Schimmels mit glänzender Mähne blickten ihr zwei dunkle Knopfaugen aus einem zotteligen Gesicht entgegen. Die Mähne war struppig und kurz und ebenfalls grau. Klaras Lieblingsfarben waren Pink und Lila – am liebsten in Kombination mit Schwarz. Das hatten ihre Eltern wohl irgendwie vergessen und auch, dass ihre Stofftierphase schon vorbei war.
Dass sie ein echtes Pferd bekäme, daran hatte Klara sowieso schon nicht mehr geglaubt. Aber gehofft hatte sie es, ganz tief im Innern, so tief, dass man es sich selbst kaum zu Ende zu denken getraut. Aber war ja klar, daraus wurde nichts.
Also teilte Klara ihr Bett von ihrem neunten Geburtstag an mit einem kleinen, struppigen Esel. Und ohne dass sie es zunächst wollte, war er doch zu ihrem besten Tröster geworden. Er stand ihr stets bei, verriet keine Geheimnisse und mit seinem wuscheligen Fell konnte man prima Tränen abwischen. Die bunte Haarnadel, die er trug, hatte Klara ihm aus ihrem Bestand gespendet, damit er etwas Farbe bekam.
Der Name Klausmüller ist vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, aber erklärbar. Denn der Esel trug an Klaras Geburtstag ein Pappschild um den Hals. Auf diesem Schild hatte sich die Ursprungsfamilie des kleinen Esels verewigt – die Klaus Müller-Spielwaren GmbH. In dem Geschäft, in dem Klaras Mama ihn dann erstanden hatte, hatte man ihm zusätzlich ein Preisschild dorthin geklebt, direkt auf die „Spielwaren GmbH“. Klaras Mama hatte das Preisschild abgerissen und mit ihm zusammen den Teil des darunter stehenden Schriftzugs.
Als Mama dann Klara fragte, wie Klaras Stoffeselchen denn heißen solle, las Klara einfach das ab, was auf dem Schild übrig geblieben war: „Klaus-Müller.“ Mama und Papa hielten das für einen guten Scherz und lachten erst mal, bevor sie dann protestierten. Doch Klara blieb dabei: Der Esel hieß von da an Klausmüller – und zwar als ein Name geschrieben, denn Esel haben keine Nachnamen, befand Klara. Klausmüller war Klausmüller und Mama und Papa hatten sich damit abzufinden.
Doch jetzt hatte Klara sich damit abzufinden, dass das Urlaubsziel Tante Agnes hieß. Denn Mama und Papa ließen sich nicht mehr umstimmen, benötigte Tante Agnes doch dringend ihre Hilfe für Renovierungs- und Umbauarbeiten. Schließlich war das Anwesen Familienbesitz. Ursprünglich hatte es nämlich mal den Großeltern von Klaras Mama gehört. Zwar konnte Klara an einer Großtante, die sie nicht kannte, und an einem Anwesen, das sie noch nie gesehen hatte, nichts Familiäres finden, doch wurden Klaras Argumente mit einem simplen „Wir fahren!“ abgeschmettert.
Und so fuhren sie los. Zu Tante Agnes. Trotz mangelnder Sonne, fehlendem Meer und nicht vorhandenem Pool. Und es nutzte nichts, wenn Klara sagte, dass sie ihr Mallorca versprochen hätten – sie fuhren hin – zu Tante Agnes. Kotz!
Hätte Klara allerdings geahnt, was sie bei Tante Agnes alles erwartet, hätte sie ihren Schmollmund eingefahren und sich nervös auf die Lippen gebissen. Doch so saß sie brummig im Auto und quetschte Klausmüller an sich.
Erst als sie das Anwesen von Tante Agnes erreichten, entfuhr ihren Lippen ein „Wow!“ Die Hofeinfahrt: endlos lang! Eine Allee mit tausend Bäumen, Sträuchern und Blumen! Als Klara die Mauern des alten Hauses erblickte, richtete sie sich auf und ließ auch Klausmüller zum Fenster hinausschauen. Ein Schloss! Ein Märchenschloss!, durchfuhr es Klara. Gleich würde ein Prinz die vielen Stufen zu ihr herabeilen! Doch der Prinz hatte wohl seinen Einsatz verpasst. Zumindest kam er nicht.
Stattdessen kam Tante Agnes. Kaum majestätisch, dafür aber umso kugeliger trippelte sie die Eingangsstufen herunter. Ein kleiner Hund klemmte ihr zwischen Arm und Brust. Er nickte im Takt ihrer Schritte mit seinem Kopf. Tante Agnes, die ja eigentlich Klaras Großtante war, watschelte ihnen, so schnell wie es ihre hochhackigen Schuhe erlaubten, entgegen. Kurz vor ihrem Ziel ließ sie ihren Wackeldackel, der in Wirklichkeit ein West Highland White Terrier war, zu Boden gleiten.
„Die ist ja wohl eher eine Breittante oder Rundtante als ein Großtante“, flüsterte Klara Klausmüller ins Ohr. Der nickte zustimmend, auch weil Klara ihren Finger an Klausmüllers Hinterkopf vor und zurück bewegte.
„Komm, Klara, aussteigen!“, hörte Klara die mahnenden Worte ihrer Mama und bemerkte erst jetzt, dass ihre Eltern bereits vor dem Auto standen und die stürmische Begrüßung von Tante Agnes über sich ergehen ließen. Klara seufzte, öffnete die Tür und steckte, noch bevor sie die Chance hatte, sich aufrecht hinzustellen, bereits mit ihrer Nase zwischen Tante Agnes‘ dicken Brüsten fest, denn Tante Agnes meinte wohl, Klara besonders herzhaft quetschen zu müssen.
Irgendwie glaubte Klara ihr das nicht. Ihr Herumgehampel und ihre Begeisterung, das war doch nicht echt. Oder wollte Klara einfach nicht, dass Tante Agnes sich über sie freute? Schließlich freute sie sich ja auch nicht auf Tante Agnes. Doch bevor Klara weiter darüber nachdenken konnte, hatte Tante Agnes sie schon wieder beiseitegeschoben und widmete sich erneut Klaras Eltern. Ihr leuchtend rot geschminkter Mund klappte dabei auf und zu und auf und zu und hörte gar nicht auf, irgendwelche Sätze und Ausrufe zu formen.
Klara betrachtete den Hund, der vom Boden aus seinen Kommentar dazu gab und kam zu dem Schluss, dass er aussah wie Tante Agnes in klein. Okay, ihm fehlten die dauergewellten Haare und der Busen und, überhaupt, war er ein Junge, wie Klara später erfuhr, doch war er ebenso massig und bewegte sich auf zu kurzen Beinen mit zu kleinen Pfoten.
„Na, mein Precious-Baby, was hat denn mein Precious-Baby?“, wandte sich Tante Agnes kurz an ihren Hund, um gleich darauf wieder Mama und Papa vollzutexten. Den Namen des Hundes sprach sie folgendermaßen aus: Pri-schi-aus, wobei sie das erste I schön in die Länge zog.
„Na, ist sie nicht furchtbar?“, flüsterte Klara Klausmüller ins Ohr und er nickte heftig.
„Komm, wir schauen uns mal das Schloss an“, schlug Klara vor. 


Bisher hat Pebby Art noch zwei weitere Kinderbücher veröffentlicht. In „Auf und weg!“ wird ebenfalls ein Stofftier lebendig und in „Lieber Gott, wo steckst denn du?“ machen sich die beiden Hamster Kalle und Friedrich auf die Suche nach dem lieben Gott.
Pebby Art lebt mit Mann, Kindern, Katze und Pferd im Emsland und liebt es, dort an Grundschulen mit Klausmüller oder Kalle und Friedrich die Kinder zu erheitern. Mehr zu ihr und ihren Werken (inkl. Leseproben) gibt es auf http://pebbyart.blogspot.de/

Dienstag, 16. Dezember 2014

Kummers Kindergeschichten von Britta Kummer




Buchbeschreibung
Bücher sind etwas ganz Besonderes. Sie bieten Jung und Alt eine interessante Reise durch ihre eigene Welt an und verbinden dadurch sogar Generationen.
Fantasie ist die stärkste und schönste Kraft, die Kinder besitzen. Deshalb ist es auch so wichtig, sie so früh wie möglich an Bücher heranzuführen. Denn hier können sie anhand der erzählten Geschichte ihre eigene Kreativität sowie Vorstellungskraft frei entfalten.
Kummers Kindergeschichten laden Sie zum Vor- oder Selbstlesen ein. Mal spannend, mal nachdenklich oder lustig. Eine bunte Sammlung für jedes Alter.
http://brittasbuecher.jimdo.com/startseite/
Erhältlich bei Amazon oder BoD.




Puck
Puck war ein Zwerg und lebte mit vielen Gleichgesinnten im Wald. Oberzwerg Sepp hatte ihm die verantwortungsvolle Aufgabe gegeben, auf die Tiere des Waldes aufzupassen. Jedoch hatte er keinen Spaß an dieser Arbeit, blieb lieber morgens in seinem Bett liegen oder döste in der Sonne.
Dies gefiel dem Oberzwerg überhaupt nicht und er schimpfte Puck vor versammelter Mannschaft aus: „Schau dir an, wie fleißig alle sind. Nur du, du bist faul: So kann das nicht weitergehen. Wenn du dich jetzt nicht zusammenreißt, wird das Konsequenzen für dich haben! Jetzt geh endlich in den Wald und schau nach den Tierkindern. Das ist doch nicht zu viel verlangt.“
„Ja, ja schon gut. Nur keinen Stress“, war Pucks Antwort und er machte sich von dannen. Er ging in den Wald und tat so, als wenn er endlich seiner Arbeit nachgehen wollte. Seine List klappte. Keiner folgte ihm. Sie nahmen ihm sein Täuschungsmanöver ab.
Etwas tiefer im Wald legte er sich unter einen Busch und fau-lenzte. Wieso arbeiten? Hier ist doch alles in Ordnung, dachte er sich. Was soll schon passieren? Hier war alles ruhig und er machte sich keine weiteren Gedanken.
Auf einmal wurde er von einem lauten Schrei geweckt. Er sprang auf und rannte in die Richtung, von wo das Gejammer kam. Mutter Hase saß ihm Gras und weinte bitterlich. „Was ist los?“, fragte Puck.
„Meine kleine Susi ist weg. Ich habe sie nur kurz aus den Augen gelassen und dann war sie verschwunden. Was soll ich denn jetzt tun?“
„Ähm, ja … weiß ich auch nicht“, stotterte der Zwerg. Und noch bevor er sich weiter Gedanken machen konnte, stand Sepp neben ihm und schaute ihn böse an.
„Solltest du nicht bei den Kleinen nach dem Rechten sehen. Ich weiß nicht mehr, was ich mit dir machen soll. Schau dir nur die verzweifelte Mutter an. Was ist, wenn ihrem Kind etwas Schlimmes zugestoßen ist? Kannst du das mit deinem Gewissen vereinbaren?“
Puck schaute in die verweinten Augen der Häsin, senkte den Kopf und machte sich Vorwürfe. Das schlechte Gewissen zog ein.
„Du hast noch eine letzte Chance. Suche die Kleine und wenn ihr etwas zugestoßen ist, wirst du verbannt. So jemanden können wir hier nicht gebrauchen. Wir Zwerge haben eine große Verantwortung im Wald, und wenn du das nicht begreifst, musst du eben gehen“, erwiderte Sepp und ohne Puck noch einmal anzuschauen, drehte er sich um und ging.
Puck sammelte sich, schaute Mutter Hase an und sagte: „Ich bringe dir dein Kind zurück, versprochen“, und spurtete in den Wald.
„Susi, Susi, wo bist du?“, rief der Zwerg immer wieder, aber es kam keine Antwort. Puck kämpfte sich durchs Unterholz, drang immer tiefer in den Wald hinein, aber von dem kleinen Hasenmädchen war nichts zu sehen.
Es wurde dunkel. Puck legte sich unter einen Strauch. Früh morgens machte er sich wieder auf die Suche. Er hatte Hunger, sein Magen knurrte, aber das ignorierte er. Er rannte kreuz und quer durch den Wald. Fehlanzeige, es gab kein Anzeichen eines Hasenkindes. Dann hörte er ein lautes Bellen und erschrak.
Oh Gott, was ist, wenn der Hund die Kleine erwischt hat. Ich will gar nicht daran denken, schoss es Puck in den Kopf. Er nahm die Beine unter den Arm und rannte weiter durch den Wald. Immer und immer wieder rief er ihren Namen, aber er bekam keine Antwort.
Völlig erschöpft setzte der Zwerg sich unter einen Busch. Was mach‘ ich nur? Er wusste nicht mehr ein und aus, also machte er sich auf den Rückweg. Mit gesenktem Kopf kam er in sein Dorf zurück.
„Sepp, ich habe Susi nicht gefunden. Es tut mir wirklich leid. Ich habe überall gesucht. Wir müssen mit dem Schlimmsten rechnen. Ich habe versagt und hole meine Sachen. Bin sofort verschwunden.“
„Stopp, so schnell kommst du nicht davon. Du musst der Mutter noch sagen, dass du ihr Kind nicht gefunden hast. Ich mache das nicht!“
„WAS?! Das ist doch nicht dein Ernst. Das kann ich nicht. Niemals!“
„Doch das machst du. Ich komme mit. Aber du sprichst mit ihr.“
Sepp blieb hart. Er packte Puck am Arm, damit dieser nicht ausbüxen konnte und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zu Mutter Hase und was Puck da sah, konnte er nicht glauben. Er rieb sich die Augen, aber er sah immer noch das Gleiche. Da saß Klein Susi und lachte ihn an.
„Wa-wa-was soll das?“, stottert Puck.
„Das war ein kleiner Denkzettel für dich. Vielleicht nimmst du deine Arbeit jetzt ernst und begreifst, wie wichtig sie ist. Wie sollten wir es dir sonst begreiflich machen. Wir wussten keinen anderen Weg und es hat doch geklappt.“
„Du bist so gemein. Weißt du, was ich für eine Angst hatte, dass die Kleine tot ist?“
„Ja, das weiß ich. Aber jetzt weißt du wenigstens, wie sich die Eltern fühlen, wenn ihr Kind verschwunden ist, nur weil du einfach zu faul bist. Eine harte Methode, aber sie hat gewirkt. Oder?“
„Oh ja und wie. Das heißt, ich werde nicht verbannt?“
„Nein. Diesmal noch nicht, aber dies ist deine allerletzte Chance. Nutze sie.“
Und Puck nutzte sie. Er war einer der Ersten, der zur Arbeit ging und einer der Letzten, der zurückkam. Er kniete sich voll in seinen Job und erledigte ihn mit Bravour. Denn das, was er an Angst und Sorge durchstehen musste, wollte er niemand anderem zumuten. So hatte Sepps kleine List genau das erreicht, was er wollte.
© Britta Kummer

Dienstag, 9. Dezember 2014

Ricci & Co: Wir werden das Schaf schon schaukeln von Tina Zang




Ricci, Bernie und Alice lösen einen kniffligen Fall:
In Oxford häufen sich höchst merkwürdige Vorkommnisse. Ein Schaf sitzt nachts in einem Auto. Blümchenunterhosen verschwinden von einer Wäscheleine und tauchen später als Dekoration eines Denkmals wieder auf. Katzen spielen in einem Sandkasten verrückt.
Nachdem Ricci und Bernie das Schaf befreit haben, tippt Alice auf einen Serientäter. Die Kinder beschließen, Nachforschungen anzustellen, denn die Streiche werden immer gefährlicher. 
Erhältlich bei Amazon.


Kapitel 3: Wer blökt denn da?

In der folgenden Nacht träumte ich, dass eine Herde Schafe Felicity und Trevis über das Kricketfeld jagte und dabei laut „Husch, husch!“ rief. Allmählich ging das „Husch!“ in ein schafgerechtes „Mäh“ über, irgendwann war es statt einer ganzen Herde nur noch ein Schaf, und schließlich war ich wach und das „Mäh“ tönte immer noch durch die Dunkelheit.
Ich setzte mich im Bett auf, knipste die Nachttischlampe an und schaute mir mein Schlafschaf ganz genau an. Nein, es war nicht lebendig geworden. Ich drehte den Kopf hin und her, um das Geräusch zu orten, ging schließlich ans Gaubenfenster und öffnete es. Jetzt, wo das Blöken nicht mehr durch die Glasscheibe gedämpft war, glaubte ich einen verzweifelten Unterton darin zu vernehmen.
Klare Sache, ich musste nachsehen, was los war. Ich würde niemals ein Schaf im Stich lassen. Allein wollte ich aber nicht nach draußen, das wäre unvernünftig gewesen, und Mum hatte mir eingeschärft, mich immer vernünftig zu verhalten, vor allem dann, wenn ich Unfug machte.
Also ging ich Bernie wecken. Er war nicht begeistert, als ich ihn am großen Zeh kitzelte. „Hey, spinnst du? Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?“
„Klar, drei Uhr morgens. Du musst mir helfen, ein Schaf zu retten. Es blökt wie verrückt.“
Er zog die Füße unter die Decke. „Das mit dem Schaf war gestern. Du hast bestimmt davon geträumt.“
„Nein, ich habe das Blöken laut und deutlich gehört. Komm in mein Zimmer, dann hörst du es auch.“
Seufzend stieg er aus dem Bett und folgte mir. Wir brauchten nur ein paar Sekunden zu warten, dann ertönte wieder das verzweifelte „Mäh“.
„Hörst du, wie erbärmlich es klingt?“
„So klingen Schafe immer“, meinte Bernie.
Da war etwas dran, aber wenn ich nicht nachsah, würde es mir keine Ruhe lassen.
„Bitte, komm mit nach draußen. Ich schenke dir dafür meinen neuen Teddy.“ Ich hielt das rosa Ungetüm hoch.
Bernie hob abwehrend die Hände. „Nein danke, aber ich komme auch so mit. Du gibst sonst ja doch keine Ruhe. Ich wette, bis ich mich angezogen habe, hat das Blöken sowieso aufgehört.“
Doch er irrte sich. Das Blöken wurde sogar flehender, hilfloser, verzweifelter. Meine Nerven lagen blank. Ich war heilfroh, als wir uns endlich auf den Weg machten. Mit zwei Taschenlampen bewaffnet gingen wir so leise wie möglich die knarrenden Holztreppen hinunter. Bernie schloss die Tür auf und spähte hinaus.
Ich trat hinter ihm auf die menschenleere Straße und lauschte. „Es muss ganz in der Nähe sein, aber nicht im Freien, denn es klingt ein wenig dumpf.“
„Ein Schaf mit Schalldämpfer“, meinte Bernie grinsend.
Ich leuchtete mit der Taschenlampe die Straße rauf und runter. Kein Schaf weit und breit. Nicht mal das klitzekleinste Lämmchen. Ich ging ein Stück die Straße entlang und sprang vor Schreck an die Hauswand, als plötzlich eine Autohupe losging und wie eine Alarmsirene durch die nächtliche Stille schnitt.
Gerade hatten wir noch geflüstert, jetzt schrie Bernie, um den Krach zu übertönen: „Da drüben, in dem Jeep!“
Ich traute meinen Augen kaum. Ein Schaf war auf dem Fahrersitz festgeschnallt. Da Schafe nicht wirklich zum Sitzen gebaut sind, strampelte es heftig und versuchte, sich zu befreien. Für das Blöken hatte sich niemand interessiert, aber jetzt, wo das Schaf hupte, weil es immer heftiger zappelte und dabei mit den Vorderhufen gegen das Lenkrad stieß, gingen plötzlich viele Fenster auf.
„Was soll der Krach?“
„Was zur Hölle …?“
„Wenn das nicht aufhört, hole ich die Polizei!“
„Ja, tun sie das!“, rief ich zu dem Fenster hoch, als die Hupe zwischendurch still war. „Jemand hat ein Schaf in ein Auto gesperrt.“