Eine Reise mit dem Schiff von
Deutschland in die Türkei – wer macht denn so etwas?
Pöttchen und seine abenteuerlustige
Gruppe. Die 24 Jugendlichen hatten sich darauf geeinigt, ihre Ferien dieses Mal
in der Türkei zu verbringen und beschlossen, die ganze Reise mit dem Schiff zu
machen.
Dass dies nicht ohne Pannen
abgeht, ist eigentlich klar. Und Pöttchen muss natürlich wieder eine Reihe origineller
Streiche über sich ergehen lassen.
Auf dem Weg von Hamburg nach
Istanbul legt die „Salome“ in verschiedenen Häfen an. Auch die Landaufenthalte
haben es in sich. So sind z. B. Papes und Flori auf einmal weg, ohne dass
Pöttchen es merkt. In Lissabon hängt die ganze Bande Pöttchen ab und erkundet
die Stadt alleine. In Tanger erfährt Pöttchen, dass ihm ein Unglück widerfahren
wird, und in Catania verliebt sich Polux in einen Italiener.
Eine turbulente Schiffsreise für
alle Beteiligten. Bis die Jugendlichen dann endlich in Istanbul ankommen und
dort auch gleich in ein Abenteuer verwickelt werden. Was genau das ist, erfährt
man im nächsten Buch.
Mehr dazu auf der HP: http://drcarmenbauer.jimdo.com/p%C3%B6ttchen/
Leseprobe Im Bann
des Methusalem (S. 69)
Vor einer Bude mit Teppichen blieb Pöttchen neugierig
stehen. Plötzlich wurde er wie von einer unsichtbaren Hand zwischen einem der
Teppiche hindurch in das Innere des Ladens gezogen. Er konnte kaum etwas
erkennen, denn es war vergleichsweise dunkel. Irgendwo schien eine Tür
aufzugehen. In einem fahlen Lichtschein sah Pöttchen ein verhutzeltes Männchen
eintreten. Auf dem Kopf trug er einen großen Turban, ansonsten einen etwas eher
schäbigen Kaftan und Schuhe, die vorne so nach oben gebogen waren und aussahen
wie Sicheln. Das Männchen kam direkt auf Pöttchen zu und sprach ihn auf
Arabisch an. Pöttchen verstand natürlich kein Wort.
„Salam´ aleikum“, sagte das Männchen und verneigte sich.
Pöttchen kannte nur zwei Worte auf Arabisch aus den Karl May Büchern, nämlich
‚Sihdi‘ und ‚Bakschisch‘. Er verneigte sich ebenfalls und murmelte etwas, was
er dachte, dass es Arabisch sei.
Das Männchen fuhr fort, Pöttchen auf Arabisch anzusprechen.
Aber Pöttchen verstand beim besten Willen nicht, was der Greis wollte und er zuckte
resigniert mit den Schultern.
‚Vielleicht versteht er ja Türkisch‘, dachte Pöttchen, denn
er hatte vor dem Reiseantritt schnell ein wenig Türkisch gelernt.
„Anlamıyorum“, stammelte Pöttchen. Das heißt „ich verstehe
nicht“.
Das alte Männchen sah Pöttchen ganz überrascht an.
Pöttchen quetschte dann noch ein paar mehr Worte auf
Türkisch heraus und der alte Mann erwiderte darauf ebenfalls auf Türkisch. Er
winkte mit der Hand und gab Pöttchen zu verstehen, dass er sich hinsetzen
sollte. Pöttchen war das aber gar nicht recht. Er wehrte heftig ab und dachte
an die Jugendlichen, die draußen auf ihn warteten.
„Nein, nein“, sagte Pöttchen in einem Gemisch aus Türkisch
und Französisch. „Ich habe gar keine Zeit. Draußen warten meine Jungs und
Mädchen auf mich.“
„Lass sie warten“, erwiderte der alte verhutzelte Opa. „Ich
bin Methusalem. Ich werde dir die Zukunft voraussagen. Du gibst mir einen
Dirham dafür.“
Pöttchen, dem es jetzt unheimlich wurde, weigerte sich
vehement. Allerdings vergeblich. Nach vielem Hin und Her wurde er von
Methusalem in einen anderen Raum geführt. Auf einem kleinen Tisch stand eine
große Glaskugel. Von der Decke hingen Sonne, Mond und Sterne und allerlei
andere Gegenstände herab. In einer der Ecke stand ein Gerippe herum. Der Raum
selbst wurde von einer Talg¬kerze, die auf einem Totenkopf stand, erhellt.
„Nimm Platz“, forderte der Greis Pöttchen auf und wies auf
einen alten Teppich hin.
Pöttchen setzte sich im Schneidersitz auf den Teppich. Ein
kalter Schauer überlief ihn. Es roch komisch, muffig. Die Luft war total
stickig und schwer zu atmen. Methusalem setzte sich auf einen ab¬gewetzten
Diwan. Plötzlich fing das Gerippe in der Ecke zu klappern an. Pöttchens Zähne
taten dasselbe. Methusalem deckte die Glas¬kugel mit einem schwarzen Tuch zu. Die
Kerze erlosch. Jetzt war es stockduster. In diesem Moment hörte Pöttchen
schaurige Gesänge, die aus einem anderen Raum zu kommen schienen. Er wurde
kreidebleich. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, dann konnte er mit Mühe
erkennen, wie der Alte das schwarze Tuch von der Kugel nahm. Außer der
komischen Musik und dem Klappern des Gerippes konnte Pöttchen nichts hören. Ihm
war, als ob Geister im Zelt umherschwebten. Nun kamen auch noch surrende
Heultöne von der Glaskugel. Aber wenigstens verschwand jetzt die Geistermusik.
Das Geklapper des Gerippes wurde auch leiser. Ein kleines Licht flammte von
einem der Sterne, die von der Decke herabhingen, auf.
Pöttchen atmete auf. Jetzt begann Methusalem zu sprechen. In
einem Mischmasch von Türkisch und Französisch sagte er zu Pöttchen: „Ich sehe
jetzt in deine Zukunft. Ohne in deiner Hand zu lesen, sage ich dir, was du
bist, wie alt du bist und wo deine Heimat ist.“
Und dann fing er an:
„Du bist Lehrer für Geschichte, Latein und Erdkunde.
Unverheiratet. Deine erste große Liebe hattest du mit 17 Jahren. Später hast du
keine Frau, die sich dir anschließen wollte, gefunden. Du hast viele Sorgen.“
Pöttchen war ganz erschrocken, woher Methusalem das alles
wusste. ‚Ja‘, dachte Pöttchen, ‚das stimmt alles. Ich war damals unsterblich in
eine Klassenkameradin verliebt. Sie enttäuschte mich jedoch maßlos, weil sie
lieber mit einem aus der Nachbarklasse ausgegangen ist. Und so ein Schicksal
will ich meinen Jugendlichen ersparen.‘
Methusalem sprach weiter: „Du bist 47 Jahre alt, dein
Geburtstag ist am 30. September. Deine Heimat ist Deutschland. … Warte, gleich
sage ich dir auch die Stadt“.
Das alte Männchen strich über die Kugel und fuhr fort:
„ Meine Kugel ist trübe und meine Augen sehen schlecht. Aber
da, da sehe ich jetzt die Stadt. Ich sehe einen hohen Turm. Im ganzen Orient
habe ich einen solchen Turm noch nie gesehen. Jetzt kann ich noch andere
Gebäude erkennen. Aber den Namen der Stadt kann ich nur ganz schlecht lesen.
Ich kenne die Sprache des Landes auch nicht, deshalb sage ich dir jetzt die
Buchstaben.“
Methusalem beugte sich über seine Kugel, um besser lesen zu
können.
„Warte“ fuhr er fort, „ich schreibe sie dir auf.“
Er kritzelte die Buchstaben auf ein Stück Papier, das neben
der Glaskugel lag, und reichte es Pöttchen.
Da stand ganz groß: F R A N K F U R T.
„Stimmt’s?“, fragte der Greis.
„Ja, stimmt“, antwortete Pöttchen und war völlig erstaunt.
Seine Kehle war ganz trocken. Er würgte und schluckte.
„Jetzt werde ich dir deine Zukunft sagen“, sprach das
Männchen weiter.
Wieder hörte Pöttchen die komische Musik. Dieses Mal fehlte
aber das Geklapper des Gerippes. Dafür zuckten jetzt ganz schrecklich grelle
Blitze in der Glaskugel. Die Sterne, die von der Decke hingen, verdunkelten
sich und in dem Raum wurde es finster. Durch das Licht der Blitze sah Pöttchen
wie Methusalem immer wieder mit der Hand über seine Kugel fuhr.
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