Kanonenkönig gerettet wurde Kanonenkönig Kalli Kass will den Roboter Archimedes zur
Fertigung von Kriegsgerät einschmelzen. Doch als der bösartige
Herrscher den Ort Irgendwo belagert, wehren sich Jung und Alt
gemeinsam, um Archimedes zu verteidigen. Eine Erzählung für Kinder ab sechs Jahren mit Illustrationen
von Anna Käse.
Erhältlich bei amazon.
IM
REICH DES KANONENKÖNIGS
Steil,
zerklüftet und grau ragten die Wände der Bergfeste in die Höhe. Düstere Wolken
lagen
über
den bizarr geformten Wänden. Manchmal stießen sie an die Bergspitzen, dann
schüttelten
sie
sich und ließen Regen wie schwarzes Wasser hinabstürzen.
Es
war feucht, kühl und nebelig. Verbrannt lag tote Erde auf den Wegen. Kein
Grashalm wuchs
in
dieser Einöde, kein Baum und keine Blume. Gämsen, Steinböcke, Hirsche,
Murmeltiere,
Hasen
und Eichhörnchen, die früher hier gelebt hatten, mieden die Gegend. Selbst der
Schrei des
Adlers,
des Königs der Lüfte und der Berge, drang nur selten bis hierher. Stattdessen
konnte man
das
dumpfe Rattern schwerer Maschinen vernehmen, unter deren Stampfen und Dröhnen
der
Boden
vibrierte.
Hier
begann das Reich des Kanonenkönigs Kalli Kass, der in dem unwirtlichen
Landstrich lebte.
Von
seinem Bergschloss aus plante er, die ganze Welt zu versklaven. Gerade saß der
unheimliche
Herrscher im Arbeitszimmer seines Eisenpalastes und las die Post.
»Was
machen unsere Kanonen, Johann?«, rief er seinem Diener zu.
Johann
kam angelaufen und verbeugte sich: »Majestät, es sieht schlecht aus.«
»Was
heißt, es sieht schlecht aus?«, fuhr ihn der König an. »Wie soll ich die Welt
erobern, wenn
wir
zu wenig Waffen haben?«
Johann
verneigte sich in seiner zerschlissenen Uniform. »Exzellenz mögen bitte
verstehen. Uns
fehlt
Eisen, um neue Kanonen zu bauen.«
»Ja,
ist denn das die Möglichkeit? Kein Eisen, kein Eisen?« Der Kanonenkönig sprang
auf und
lief
hin und her. Sein ganzes Zimmer war aus Metall. Die schwarzen Wände bestanden
aus
Eisen.
Der mächtige Schreibtisch, die schweren Stühle, sogar das Bett, auf dem Kali
Kass von
der
Eroberung der Welt träumte, waren geschmiedet. Und da sollte es kein Eisen
geben?
»Dann
müssen wir es eben besorgen. Schließlich gehört mir die halbe Welt, da soll
kein Eisen
aufzutreiben
sein? Das wäre doch gelacht! Johann, wir schreiben sofort an alle Länder,
Städte
und
Gemeinden, die uns gehorchen, und verlangen, dass sie uns mehr Eisen bringen.«
»Aber
Herr König«, wagte der Untertan zaghaft einzuwenden. »Das haben wir doch schon
zweimal
gemacht.«
«Quatsch
nicht immer dazwischen, wenn ich denke, dummer Hund«, schrie Kalli Kass den
alten
Diener
an und trat ihm mit seinem schweren Eisenschuh in den Allerwertesten. Der
schrie auf
und
wimmerte leise: »Außer in Eisenstadt, der königlichen Hauptstadt, gibt es kein
Eisen mehr.
Wir
haben bereits alles eingezogen und verarbeitet.« – Doch das wollte der König
nicht hören.
»Ich
habe eine neue Idee: Wir laden alle Erfinder ein, Geheimrezepte für die
Eisenherstellung
auszuknobeln.
Dann stellen wir selbst her, was wir brauchen, und ich werde König der ganzen
Welt!«
Der
Kanonenkönig stellte sich in seiner eisernen Rüstung vor einer blank polierten
schwarzen
Eisenplatte
auf, die ihm als Spiegel diente. Er betrachtete sich von oben bis unten und
begann
einen
Freudentanz, so begeistert war er über seinen neuen Einfall.
»Ich
werde schön fett«, dachte Kass, »das passt gut zu einem richtigen König.« Er
setzte ein
Furcht
einflößendes Gesicht auf.
»Nun,
du Esel, bewundere meinen tollen Einfall«, fauchte er den alten Johann an.
»Wenn
Sie gestatten, Majestät, Eisen kann man nicht erfinden. Eisen gibt es nur im
Inneren
unserer
Erde.« Johann wagte kaum, den wütenden Herrscher anzuschauen.
»Quatsch
mit Soße!« Der König wurde sauer.
»Das
weiß ich als Kanonenkönig selbst am besten. Also worauf wartest Du noch? Nimm
dir ein
paar
Leute, einen Spaten und grab, grab, bis ihr umfallt! Der Kanonenkönig braucht
doch so
dringend
Eisen …«
Kalli
Kass umarmte einen großen gusseisernen Leuchter.
»Oh,
du geliebtes, kühles Eisen!« Er rieb sein Gesicht daran.
«Ich
bin nur glücklich, wenn ich Eisen anschauen, anfassen, umarmen, küssen kann.
Die größten
Kanonen
der Welt werde ich bauen. Alle sollen zittern, wenn der Kanonenkönig es will«,
sagte
der
König. »Warum stehst du denn immer noch hier, unnützes Vieh«, brüllte er Johann
an und
wollte
mit dem Leuchter nach ihm werfen.
»Majestät,
so hören Sie mich doch gütigst an. Es gibt kein Eisen mehr in der Erde Tiefe.
Wir
haben
bereits alles abgebaut und verarbeitet.« Johann ging hinter einem Tisch in
Deckung. Er
ahnte,
dass auch diese Antwort seinem Herrn nicht schmeckte. Und richtig! Der König
schleuderte
den schweren Kerzenständer in seine Richtung. Johann zuckte zusammen, als der
Leuchter
hinter ihm gegen die Wand krachte.
»Nur
im Land unserer Feinde gibt es noch Vorräte«, rief der Diener, der sich noch
tiefer unter
den
Tisch duckte. »Doch die können wir nicht überfallen, weil zu wenig Kanonen
vorhanden
sind.«
»Weh,
oh weh, ojemine«, winselte der König darauf. Er riss eine Tüte mit
rabenschwarzen
Lakritzbonbons
auf und stopfte sich eine Handvoll in den Mund. Ohne zu kauen schlang er die
Leckereien
hinunter. Dann quetschte er zwei rabenschwarze Tränen heraus, besann sich für
einen
Moment und wurde noch wilder.
»Ich
bin der Kanonenkönig! Ich brauche mehr Kanonen«, wetterte Kalli Kass. »Mein
schwarzes
Königreich
wird zusammenbrechen, niemand mehr vor mir zittern, wenn mir das Eisen ausgeht.
Was
für ein Mist – was soll ich nur tun?« Er nahm einen eisernen Briefbeschwerer
und warf ihn
auf
den Fußboden. Johann schlich sich still und leise aus dem Raum und ließ seinen
Chef wüten.
Bis
zum späten Abend tobte der Kanonenkönig in seinem düsteren Schloss inmitten
seiner
stählernen
Eisenstadt tief in den Schluchten in den hohen Bergen. Erschöpft stieg er
schließlich
in
sein Eisenbett und schlief ein. Aber auch im Traum fiel ihm nichts ein.
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