Leseproben für kleine Schmökerratten
- Kinderbücher von Indie-Autoren

Dienstag, 8. Mai 2012

Von Feen, Zauberern und Zwergen von Ingrid Mayer


Klappentext: 

Vier Geschichten rund um zauberhafte Wesen
Mit Illustrationen von Hans Sölch
Zwistien und Zankistan - Seit langer Zeit herrscht Streit zwischen den Königreichen Zwistien und Zankistan. Der geheimnisvolle neue Hofzauberer in Zankistan bringt die Königstocher Gerlind schließlich auf eine Idee.
Der erste Tag
- Annabel hat die Prüfung bestanden – nach langer Ausbildung darf sie nun endlich als Fee arbeiten. Doch gleich ihr erster Arbeitstag bringt ungeahnte Aufregung.
Die Blumenwichtel
- Es ist schon recht merkwürdig – dort, wo gestern noch eine Pflanze an Teresas Zimmerfenster stand, ist nun das Fensterbrett leer. Ob Teresas seltsamer Traum daran schuld ist?
Zirkus Pimpinelli
- Zirkusdirektor Pimpinelli macht einen seltsamen Fund im Wald, der reichlich Aufruhr in seinen Zwergenzirkus bringt.

Das Buch ist bei Amazon erhältlich. Altersempfehlung: ca. 7 bis 10 Jahre. Mehr über die Autorin erfahren Sie auf ihrer Homepage.


Leseprobe aus „Der erste Tag“

Annabel wollte schon immer eine gute Fee werden, ganz so wie ihre Mutter. Und auch ihre Großmutter war eine gute Fee. So kam Annabels Berufswunsch gar nicht so überraschend. Ihre Mutter hatte schon gehofft, dass Annabel in ihre Fußstapfen treten würde, aber sie wollte ihre Tochter nicht drängen. Umso mehr freute sie sich, als Annabel ihr ihren Entschluss verkündete.
„Wie schön!“, rief sie aus. „Ich melde dich gleich morgen zur Ausbildung bei Harriet an.“

Annabel wurde es ein bisschen mulmig zumute. Die alte Harriet war bestimmt eine der besten Feen im ganzen Land, aber sie galt als sehr streng. Die Zweifel schienen ihr ins Gesicht geschrieben, doch ihre Mutter sprach ihr Mut zu: „Du wirst es schon schaffen. Harriet ist nicht so schlimm, wie alle sagen. Sie ist eine gute und gerechte Lehrerin.“
„Du hast ja Recht“, entgegnete Annabel.
Es gab so viele Geschichten über Harriet, dass nicht alle davon wahr sein konnten. Annabel schob ihre Angst beiseite und besann sich lieber wieder auf ihren Wunsch, Fee zu werden. Schon sah sie die Augen glücklicher Menschen vor sich, denen sie alle drei Wünsche erfüllen hatte können. Denn jeder Mensch, der einer guten Fee begegnete, hatte drei Wünsche frei.

Bis Annabel selbst in der Lage war, Wünsche zu erfüllen, verging jedoch noch eine lange Zeit. Zunächst musste sie eine Prüfung über sich ergehen lassen, damit Harriet bestimmen konnte, ob sich Annabel überhaupt zur Fee eignete. Da sie aber schon von klein auf harmlose Zaubereien ausführte, die sie ihrer Mutter oder Großmutter abgeschaut hatte, gelang es Annabel mühelos, alle Aufgaben zu bewältigen: Nacheinander ließ sie Regentropfen verschwinden, machte aus einem Stück Kuchen zwei und zauberte schließlich noch einem dreiblättrigen Kleeblatt ein viertes Blatt dazu. Harriet war zufrieden und erklärte sich bereit, Annabel bei sich zur Ausbildung aufzunehmen.

So sehr sich Annabel auch auf die Ausbildung freute, so groß war ihre Furcht. Denn sie sorgte sich darüber, ob sie es überhaupt schaffen würde, die vielen Fähigkeiten zu erlernen, die sie als richtige gute Fee brauchte. Einen Liebeszauber zu bewirken, Goldregen herbeizurufen oder ausgefallene Haare wieder wachsen zu lassen – das waren nur einige der Dinge, die sie in ein paar Jahren beherrschen musste.
Aber Annabel war eine fleißige und gelehrsame Schülerin. Vor Harriet fürchtete sie sich anfangs ein wenig, doch bald stellte sich heraus, dass die strengen Worte ihrer Lehrerin meist anderen Schülerinnen galten, die ihre Hausaufgaben nicht gemacht hatten oder zu spät zum Unterricht kamen. Annabel erschien stets pünktlich zum Unterricht und hatte auch immer ihre Hausaufgaben gemacht, deshalb schimpfte Harriet nie mit ihr und brummte ihr auch keine Strafen auf.

Die Schulzeit verging Annabel viel zu rasch. Nach und nach lernte sie, alle möglichen Wünsch zu erfüllen. Nach sieben Jahren war es dann schließlich soweit: Annabel hatte ihre Abschlussprüfung zur guten Fee bestanden! Wie sehr sie sich freute! Ihre Mutter und Großmutter strahlten vor Stolz und erinnerten sich an den Tag, an dem sie selbst die Feenschule erfolgreich abgeschlossen hatten.

Doch nun begann eine ganz neue Zeit in Annabels Leben. Sie musste hinaus in die Welt ziehen und durfte ihren Beruf endlich ausüben. Ihre Mutter gab ihr so viele Ratschläge mit auf den Weg, dass sie sich gar nicht alle merken konnte. Und Großmutter weinte sogar ein bisschen, als sie ihre Heimat verließ, obwohl Annabel oft heimkehren würde, denn auch gute Feen brauchen gelegentlich Urlaub.

Annabel zog also los, ein kleines Bündel mit Reiseproviant auf dem Rücken, und war auf einmal schrecklich aufgeregt. Tausend Fragen schwirrten ihr durch den Kopf. Wohin sollte sie überhaupt gehen? Und wie sollte sie einen Menschen finden, dessen Wünsche sie erfüllen konnte? Oder verhielt es sich so, dass nicht sie die Menschen finden musste, sondern dass sie sich finden lassen musste? Sie hatte zwar während ihrer Ausbildung gelernt, alles Mögliche herbeizuzaubern, verschwinden zu lassen oder zu verändern, doch auf solcherlei Fragen hatte sie weder von Harriet noch von ihrer Mutter jemals vernünftige Antworten erhalten.
„Das wird sich alles fügen“, hatte es geheißen, oder „Lass’ dich nie von deinem Weg abbringen“.
Annabel ärgerte sich nun darüber, dass ihr niemand genau erklärt hatte, wie sie nun vorgehen sollte. Sie flog den ganzen Tag über durch den Wald, bis sie gegen Abend an eine Blumenwiese gelangte. Dort suchte sie sich eine große Margaritenblüte als Nachtlager aus.
Als es dunkel wurde und die Blüte sich über Annabels Kopf zu einer Knospe schloss, schoss ihr plötzlich ein beunruhigender Gedanke durch den Kopf: Wie sahen Menschen eigentlich aus? Sie wusste es nicht einmal genau. Zwar mussten sie wie sie selbst auch Arme, Beine und einen Kopf besitzen, aber mehr war ihr vom Aussehen der Menschen nicht bekannt. Wenn sie nun keinen davon erkannte, wie sollte sie dann seine Wünsche erfüllen? Eine Weile dachte sie darüber nach, bevor sie, erschöpft von der anstrengenden Reise, endlich einschlief.

Als am nächsten Morgen die Sonnenstrahlen Annabel wach kitzelten, schlug sie die Augen auf und blickte erstaunt um sich, bis ihr einfiel, dass sie ja nicht mehr zuhause war. Sie stand auf und reckte und streckte sich gähnend. Dann zuckte sie auf einmal erschrocken zusammen, denn sie hatte etwas Unglaubliches am Ende der Wiese entdeckt.


Leserstimmen:
„Sehr schöne kindgerechte Geschichten mit wunderbaren Zeichnungen. (...)“
„(...) Die Autorin hat Phantasie, kann bildhaft erzählen und findet den für Kinder geeigneten Ton.
Zauberhafte Geschichten, den den Namen auch verdienen. (...)“



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