Klappentext:
„Der
Elefantenpfad“ – eine Abenteuergeschichte in zwei Teilen
Barnabas, der alte Forscher, hat wieder ein neues Abenteuer für die Zwillinge Emily und Noah bereit. Diesmal spielt die Geschichte in Afrika, genauer gesagt im Elefantental - dort tragen sich schlimme Ereignisse zu. Tano, eins der Elefantenkinder, muss mit ansehen, wie seine kleine Schwester von Wilderern verschleppt wird.
Er ist untröstlich und beschließt kurzerhand den Autospuren zu folgen, um seine Schwester zu retten. Doch das ist einfacher gesagt als getan, schließlich ist er noch jung und unerfahren.
Zwei pfiffige Grüne Meerkatzen helfen ihm so manches Mal aus der Patsche. Gemeinsam mit dem Nashornmädchen Jasiri, deren Bruder ebenfalls den Wilderern zum Opfer gefallen ist, und der Gepardin Mabou will er zum Roten Meer, dort sollen die gefangenen Tierkinder verschifft werden.
Ein weiter, beschwerlicher Weg - er führt über den alten Elefantenpfad, der wird aber schon seit Langem nicht mehr von den Elefanten genutzt. Unheimliche und gruselige Geschichten machen die Runde ...
Ob es Tano und seinen Freunden gelingen wird, seine Schwester und die anderen Tierkinder zu befreien?
1. Kapitel
Im Tal der
Elefanten
Das Tal der
Elefanten lag eingebettet zwischen den Bergketten des Großen Grabens im Osten
Afrikas. Man nannte es Manyara. Von üppigen Wäldern und weiten Savannen
durchzogen, bot das Land aber nicht nur den Dickhäutern einen ausgezeichneten
Lebensraum, sondern auch viele andere Tierarten waren hier zu Hause. Zebras,
Gazellen, Gnus, Giraffen und Geparden lebten hier und fanden ausreichend Wasser
in den zahlreichen kleinen Seen.
In den Abendstunden fanden sich viele
Tierarten an den Wasserstellen ein, um ihren Durst zu löschen. Nashörner und
Elefanten suhlten sich im schlammigen Wasser.
Auch Tano lebte hier in diesem schönen Tal
mit seiner Familie. Zusammen mit seiner Mutter Darratu und seiner kleinen
Schwester Naisula gehörte er zu einer Elefantenherde, bestehend aus dreizehn
erwachsenen Elefantenkühen und zwei Kälbern – das waren er und seine kleine
Schwester.
Die Gruppe, angeführt von seiner Mutter,
blieb immer beisammen. Liebevoll kümmerten sich die erwachsenen Tiere um den
Nachwuchs. Allerdings waren Tano und Naisula zurzeit die einzigen Jungtiere.
Geburten gab es nicht oft, schließlich dauerte es sehr lange, bis eine
Elefantenkuh ein Baby zur Welt brachte - ganze zweiundzwanzig Monate.
Tano zählte gut zwei Jahre, seine kleinen
Stoßzähne hatte er gerade verloren. Voll Ungeduld wartete er nun darauf, dass
die Elfenbeinzähne nachwuchsen. Aber er wurde auf eine harte Probe gestellt,
die Spitzen der neuen Zähne ließen auf sich warten.
Naisula hatte erst vor vier Wochen das
Licht der Welt erblickt. Sie sollte eines Tages in die Fußstapfen ihrer Mutter
treten und die Führung der Herde übernehmen – denn bei den Elefanten hatten die
Frauen das Sagen. Deshalb hatte Darratu für ihre Tochter den Namen Naisula
ausgesucht – das bedeutete: schönes, erfolgreiches Mädchen.
Es war schon immer so, dass die
Elefantenbullen ein Eigenleben führten und sie gesellten sich in der Regel nur
zur Paarung zu den Kühen.
Der älteste und mächtigste männliche
Elefant hier im Tal war Babu Baruti.
Er war sehr geschwätzig und deshalb traf
man ihn oft morgens und abends am See. Nicht selten versammelten sich dann alle
Jungtiere aus den verschiedenen Herden um ihn herum und er erzählte dem
Nachwuchs atemberaubende Geschichten über den alten Elefantenpfad.
Vor langer Zeit wurde dieser Weg von allen
Herden oft genutzt, doch dann machten kuriose Nachrichten die Runde, in denen
berichtet wurde, dass viele Tiere nicht wieder zurückkehrten. Haarsträubende
Erzählungen über Geister und einen Fluch schreckten die Tiere schließlich davon
ab, den Weg durch das Höllental zu benutzen, und so geriet er in Vergessenheit.
Nur Babu Baruti ließ die alten Geschichten immer wieder gerne aufleben und
unterhielt damit die Jungtiere, die konnten natürlich nie genug davon bekommen.
Auch heute Morgen verweilte Tanos Herde am
See und Babu Baruti hatte sich die Ehre gegeben, ihnen einen Besuch
abzustatten. Als er den See erreichte, vergnügten sich die beiden
Elefantenkinder gerade im Wasser und bespritzten sich ausgelassen mit der braunen
Matsche am Rande des Ufers.
Darratu, die Elefantenmutter, sah ihren
Sprösslingen belustigt dabei zu. Doch dann wurde ihr Bad plötzlich vom Krach
lauter Motorengeräusche gestört.
„Menschen!“, rief Babu Baruti sofort und
trompetete zum Abmarsch. Schrecken und Chaos breiteten sich aus. Mehrere Jeeps
und ein Kleinlaster fuhren auf die Herde zu und trieben die Tiere auseinander.
Darratu blieb nicht viel Zeit zu überlegen,
sie musste sofort handeln.
„Schnell Tano, nimm deine Schwester und
versteckt euch drüben bei den Bäumen. Duckt euch tief ins Gras und verhaltet
euch mucksmäuschenstill, bis wir wieder da sind!“, erteilte die Elefantenmutter
ihrem Sohn den Befehl.
„Aber Mama, ihr könnt uns doch hier nicht
alleine zurücklassen!“, protestierte Tano.
„Keine Widerrede, Tano, deine Schwester ist
noch zu klein und schwach, sie kann nicht schnell genug laufen. Wir können sie
nicht beschützen, also werden wir versuchen, die Männer abzulenken und von hier
fortzulocken. Bitte, sei ein lieber Junge und pass gut auf sie auf!“, flehte
Darratu ihren Jungen an. „Wenn die Gefahr vorbei ist, kommen wir zurück und
holen euch.“
„Ja, Mama“, lenkte Tano ein, „du kannst
dich auf mich verlassen, ich werde auf Naisula achtgeben!“
Hastig trieb Tano seine kleine Schwester in
den Schutz der Bäume, während seine Mutter und der Rest der Herde immer weiter
auseinanderstoben. Die Menschen verfolgten seine Familie. Das Trompeten des
Elefantenbullen dröhnte durch den Wald, alle Tiere liefen in Panik davon. Man
hörte das laute Knacken der abknickenden Bäume und Pflanzen, die die Herde bei
der Flucht niedertrampelte.
Tano und Naisula machten sich ganz klein in
ihrem Versteck, nur einmal wagten sie einen flüchtigen Blick und beobachteten
die Fahrzeuge, wie sie die Herde vor sich hertrieben. Sie erkannten, dass zwei
Jeeps versuchten ihrer Mutter den Weg abzuschneiden.
„Mama!“, schrie Naisula aufgebracht. Tano
stockte der Atem. Er war so mit den schrecklichen Bildern beschäftigt, dass er
viel zu spät bemerkte, dass Naisula sich leise weggestohlen hatte. Laut
trompetend lief das kleine Elefantenmädchen in Richtung der Elefantenkuh.
„Naisula, was machst du da?“, rief Tano ihr
hinterher, doch da war sie schon von den Menschen gesichtet worden. Sofort
stellten sie ihre Fahrzeuge ab und im Handumdrehen war seine Schwester von
mehreren Wilderen eingekreist. Mit Schild und Speer versperrten sie dem kleinen
Elefantenmädchen nun den Weg, es saß in der Falle.
„Oh nein, Naisula!“, hauchte Tano entsetzt.
Er konnte nur noch mit ansehen, wie die Männer seine Schwester einfingen und
dann in einer großen Kiste auf die Ladefläche eines der Autos katapultierten.
Erst, als das laute, aufgeregte Rufen der
Menschen verklungen war, traute sich Tano aus seinem Versteck hervor. Er wusste
nicht, wie lange er hier geduckt in der kleinen Kuhle hinter den hohen
Grasbüscheln gehockt hatte. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor. Was würde seine
Mutter sagen. Er hatte versagt, sicher würde die Elefantenfamilie ihn jetzt
verstoßen.
Endlich waren alle Menschen weg – Stille,
die Gefahr vorüber. Aber Tano war alleine, seine kleine Schwester geraubt und
die Herde in alle Himmelsrichtungen verstreut.
Was hatte das alles zu bedeuten? Dies war
doch sein Tal – sein Zuhause. Weshalb hatten die Menschen seine Schwester
gefangen und weggebracht?
Tano war verzweifelt. Manyara war die
Heimat der Elefanten. Doch nun war der Frieden gebrochen, die Menschen, die
größten Feinde der Elefanten, hatten Angst und Schrecken verbreitet.
Der kleine Elefant war traurig, er
vermisste Naisula schon jetzt. Was sollte er nur tun. Auf die Rückkehr der
Herde wollte er nicht warten, er musste seinen Fehler wieder gutmachen - was
anderes kam gar nicht infrage. Nur durch seine Schuld, weil er nicht richtig
aufgepasst hatte, war seine kleine Schwester gefangen worden. Er musste sie
retten. Die Reifenspuren waren gut zu sehen, er würde einfach hinterherlaufen,
bis er sie gefunden hätte. Sein Entschluss stand fest und so machte er sich auf
und begab sich auf die Suche.
Mit seinen fast zweieinhalb Jahren war Tano
aber eigentlich auch noch ein ziemlich kleiner Elefant und auf den Schutz und
die Hilfe der Herde angewiesen. Hatte er überhaupt eine Chance alleine in der
Wildnis zu überleben?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen
Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.